Der Bund, 25. Oktober 1999 (Auszug)

"Aschi" und zwei neue Frauen

Ständerat Ein SVP-Vormarsch hat sich bei den Ständeratswahlen zunächst nicht abgezeichnet. Allerdings finden in sieben Kantonen noch zweite Wahlgänge statt. Grosse Verschiebungen sind auch dann nicht zu erwarten, sofern die CVP in St. Gallen ihren Sitz hält.

CLAUDINE BÖHLEN

Anders als bei den Wahlen in den Nationalrat verbuchte die SVP bei den Ständeratswahlen (noch) keine Mandatsgewinne. Angriffe von links auf bürgerlich besetzte Plätze blieben erfolglos, so auch in Schaffhausen, wo SP-Fraktionschefin Ursula Hafner eine bittere Niederlage einstecken musste. Die SP konnte ihre bescheidene Position von fünf Sitzen nicht ausbauen. Sie läuft vielmehr Gefahr, im Thurgau ihren bisher von Thomas Onken verteidigten Sitz noch an die SVP zu verlieren. Die CVP machte einen Verlust in Solothurn mit einem Gewinn im Thurgau wett, die FDP gewann in Freiburg gar einen Sitz hinzu. Ein definitives Bild der parteipolitischen Zusammensetzung der Ständekammer wird sich aber erst nach den zweiten Wahlgängen in acht Kantonen ergeben, nämlich St. Gallen, Thurgau, Aargau, Basel-Landschaft, Luzern, Neuenburg, Wallis und Tessin.
SG: David gegen SVP
Besonders spannend wird es im Kanton St. Gallen werden, wo der traditionelle CVP-Sitz, zuletzt von Paul Gemperli gehalten, nicht auf Anhieb besetzt werden konnte. Der unbekannte Kandidat Peter Blöchlinger machte weniger Stimmen als der nicht offiziell portierte Eugen David. Der CVP wird nichts anderes übrig bleiben, als im zweiten Wahlgang auf Eugen David zu setzen, will sie nicht riskieren, dass der SVP-Mann Manfred Zemp neuer St. Galler Ständerat wird, was eine grosse Premiere wäre. Gewählt wurde gestern in 22 Kantonen, darunter Bern (Seite 25). Zu den Überraschungen des Tages gehört die glanzvolle Wahl des früheren Nationalratspräsidenten und Gewerkschafters Ernst - oder «Aschi» - Leuenberger in Solothurn. Der Sozialdemokrat machte das beste Resultat und schlug damit die CVP-Kandidatin Anna Mannhart, welche die zurückgetretene Rosmarie Simmen ablösen sollte. Leuenberger ist es damit gelungen, den vor 12 Jahren an die CVP verlorenen Sitz zurückzuholen. Mit nur 42 Stimmen über dem absoluten Mehr wurde der Bisherige Rolf Büttiker wieder gewählt. Dass er unlängst bestätigte, eine bekannte Prostituierte frequentiert zu haben, hat die FdP nicht den Sitz gekostet.
Von sechs auf sieben Frauen
Abgewählt wurde ein einziger Ständerat, der Freiburger Sozialdemokrat Pierre Aeby. Die SP machte diesen Verlust in Solothurn mit der Wahl Leuenbergers wett. Pierre Aeby wurde vom FDP-Kandidaten Jean-Claude Cornu verjagt, nachdem CVP und FDP ein Wahlbündnis geschlossen hatten. Anton Cottier von der CVP schaffte die Wiederwahl mit den meisten Stimmen. (...)

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