Neue Mittellandzeitung, 9. Oktober 2000

Nationale Prominenz in kantonaler Provinz

"Cafe Federal" der Sozialdemokratischen Partei in Härkingen

Die Solothurner Bundesparlamentarier der Sozialdemokratischen Partei gaben am Freitagabend in Härkingen Auskunft über ihre Arbeit und stellten sich den Fragen und Anregungen der Gäuer Wähler. Diese nahmen dieses Angebot zahlreich wahr.

PHILIPP WYSS

Das Gäu ist für die Sozialdemokratische Partei des Kantons Solothurn ein harter Boden. Dies spielte bei der Wahl des Standorts für den am letzten Freitagabend in der "Trattoria Da Vinci" in Härkingen durchgeführten Informationsabend eine entscheidende Rolle. Man wolle damit auch einen Impuls für die Gäuer SP und deren Wählerschaft geben, wie Kantonsrätin Monika Portmann bestätigte.

Leuenberger, Banga, Zanetti
Dazu wurde reichlich Prominenz nach Härkingen geladen: Ständerat Ernst Leuenberger sowie die beiden Nationalräte Boris Banga und Roberto Zanetti sollten die Interessierten mit Informationen aus erster Hand über die Session in Bern versorgen. Also eine Art "Cafe Federal" in Härkingen. Die Befürchtung, dass einige der Sitzplätze an diesem Abend leer bleiben könnten, erwies sich als unbegründet: Alle Plätze waren belegt. Ernst Leuenberger meinte, dass es ein Wagnis gewesen sei, diesen Anlass in Härkingen durchzuführen, gebe es in dieser Gemeinde doch noch nicht einmal eine SP-Sektion. Man könne aber immer wieder bei den Wahlen, ob national oder kantonal, feststellen, dass es in Härkingen wie im gesamten Gäu eine stattliche Anzahl SP-Wähler gibt. Als gewählter Parlamentarier sei man auch gegenüber diesen Leuten zur Rechenschaft verpflichtet.

Aktenberge bewältigen

Zuerst gaben Ernst Leuenberger und Roberto Zanetti einen Einblick in den parlamentarischen Ablauf und die tägliche Arbeit eines Stände? beziehungsweise Nationalrats. Boris Banga kommentierte das umstrittene Rüstungsprogramm 2001, in dessen Mittelpunkt die Beschaffung von 186 neuen Schützenpanzern standen. Die SP habe dagegen gestimmt, weil man den Umriss der neuen Armee ja noch gar nicht kenne, sei aber bei den "bürgerlichen Betonköpfen" abgeprallt. Diesen sei wohl immer noch nicht bewusst, dass man sich nicht mehr in der Zeit Rommels befinde und die Art der Bedrohung nicht mehr die gleiche wie früher sei. Die operative Doktrin müsse neu überlegt werden. Erfreut zeigte sich Banga hingegen über die Revision des Militärgesetzes. Damit werde es künftig möglich sein, Schweizer Soldaten bei friedenserhaltenden Auslandseinsätzen im Rahmen eines UNO- oder OSZE?Mandats zu bewaffnen. Leuenberger legte dar, wie auch nicht traktandierte Themen ihre Schatten vorauswerfen und heiss diskutiert werden. Als Beispiel nannte er Benzinkosten, Krankenkassenprämien und die Abschaffung der Stempelsteuer.

Sozialpolitik
Zum Thema Sozialpolitik habe es zwei wichtige Fragen in dieser Session gegeben, meinte Leuenberger. Erstens das Zusammenflicken des Scherbenhaufens, den die Ablehnung der Mutterschaftsversicherung verursacht hatte. Die dabei herausgekommene "Miniübung" mit den acht bezahlten Wochen sei ihm zu wenig. Zweitens nannte er die Strafbestimmungen für Schwangerschaftsabbruch mit dem Hauptpunkt der zwölfwöchigen Fristenlösung, die besonders bei der CVP auf Ablehnung gestossen sei. Freude habe er, Leuenberger gehabt, als bekannt geworden sei, dass die Arena-Sendung am Freitagabend hatte abgesagt werden müssen, nachdem CVP, FDP und SP eine Teilnahme abgelehnt hatten, weil sie nicht nach dem Diktat der "Brüllhunde von Zürich" ein solch heikles Thema wie den Rechtsextremismus behandeln wollten.

Extremismus ernst nehmen

Zanetti griff dieses Thema auf und erklärte, dass es wichtig sei, dass man einerseits nicht die Augen vor dem Problem verschliessen, anderseits aber auch nicht gleich den Notstand ausrufen dürfe. Es sei festzustellen, dass der Rechtsextremismus von Zürich her von gewissen Parteien instrumentalisiert werde. Dabei habe ihm das Votum der jüngsten Nationalrätin, der Bernerin Ursula Wyss, grossen Eindruck gemacht, welche ganz klar zum Ausdruck brachte, dass im Nationalratssaal Leute sässen, welche die Verantwortung für das vergiftete Klima trügen. Zanetti möchte das Problem in der Familie, der Schule und der Gesellschaft gelöst wissen. Er wolle keine politische Polizei. Mit der Antirassismusstrafnorm und dem Strafgesetzbuch seien die notwendigen Mittel vorhanden, um diesbezügliche Delinquenten zur Rechenschaft ziehen zu können.

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