Bieler Tagblatt, 17.03.06

Bahngüterverkehr
im Verdrängungswettbewerb

Von Ernst Leuenberger, Ständerat SP Solothurn.

Die Strasse räumt ab, sie hat Wettbewerbsvorteile: Zu wenig Kontrollen (Höchstgeschwindigkeiten, Höchstladegewicht, technische Ausrüstung; Ruhezeiten der Chauffeure; keine Nullpromille-Vorschrift). Dazu kommen ständig mehr Autobahnen.

„Tüchtige“ Unternehmer haben die Erlöse im Bahngüterverkehr mutwillig zerstört. Die Mittelthurgaubahn transportierte Flugbenzin zu einem Drittel des Preises der SBB von Cressier nach Glattfelden.

Der Bund erliess das Verlagerungsgesetz mit Fördermassnahmen. Statt den Bund an seine gesetzliche Verpflichtung zu erinnern, betreiben SBB-Verwaltungsrat und SBB-cargo die gegenteilige Politik: Cargo abbauen, um nicht auf Bundesgeld angewiesen zu sein. 2002 haben die SBB-Chefs im Bundeshaus keck behauptet, ab 2005 komme cargo-SBB ohne Defizite aus .Der Bundesrat nimmt heute unter der Führung von Blocher und Merz die Nordmanns und Lalives beim Wort. Das heisst Abbau bei SBB cargo. Fazit: SBB cargo tut zu wenig für die Verlagerung.

Unterhalt
IW Biel macht Unterhalt. Es brauche neuerdings weniger Unterhalt. Unterhalt hat aber mit Sicherheit zu tun. Eisenbahn steht für mehr Sicherheit.
(Weniger Unterhalt bedeutet z.B. im Personenverkehr: Kleber an Waggons- und WC-Türen:“defekt“.) Die Kontrolleure (Visiteure) beanstanden immer wieder nicht behobene Mängel. Weniger Unterhalt heisst, weniger Sicherheit riskieren.
Dabei sollen in Zukunft Güterzüge schneller fahren. Das schreit geradezu nach mehr Sicherheit, nach mehr Unterhalt.

Leider verhindert auch die sture Divisionalisierung der SBB die Synergiennutzung im Unterhalt.

Zu hohe SBB-Löhne für untere Chargen?
Der Bund, mit ihm die SBB, haben in den untersten Chargen stets leicht über den Marktlöhnen bezahlt. Der Bund wollte nicht, dass kleine Bundesangestellte zu „working poors“ werden und bei der Fürsorge landen. Das war und ist ein Erfolgsmodell: Betriebstreue, fleissige Arbeiter, die sich mit dem Unternehmen voll identifizieren, fördern die Wettbewerbsfähigkeit im ihrer Qualitätsarbeit.

Einige Manager-Schlaumeier meinen, sie seien Unternehmer, wenn sie Personalkosten senken, indem sie Aufträge nach aussen vergeben, also Personalkosten zu Sachkosten machen.

Outsourcing als Verschleuderung von öffentlichen Geldern?
Die SBB haben in den letzten Jahren in die IW Biel investiert. Sollen nun diese Investitionen einem Privaten in den Rachen geworfen werden? Immerhin handelt es sich dabei auch um Steuergelder.
Zählt das Betriebsresultat 2005 der IW Biel nicht? Entgegen einem budgetierten Defizit wurde ein kleiner Ueberschuss erarbeitet.

Der SBB-Verwaltungsrat muss endlich Aufbauarbeit leisten. Das Land braucht Verlagerung der Güter von der Strasse auf die Schiene. Das bräuchte mehr, nicht weniger Unterhalt.
Die SBB der Zukunft brauchen auch die IW Biel.

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