Bürgerrechtsvorlagen. Medienkonferenz
vom 02. September 2004 in Solothurn

Es geht um unsere Nachbarn, Mitschüler
und Arbeitskollegen

Vor zehn Jahren hat die Mehrheit der Kantone (13:10) die "Erleichterte Einbürgerung von jungen Ausländerinnen und Ausländern" verworfen. Das Volksmehr nützte nichts und die Enttäuschung war gross. Der Kanton Solothurn hat damals leider mit 53% Nein-Stimmenanteil verworfen. Die Analyse der damaligen Abstimmung hat gezeigt, dass die Ablehnung bei denen am stärksten war, die die Vorlage nicht oder nur wenig kannten. Politische Information und Öffentlichkeit sind also auch dann wichtig, auch wenn eine Vorlage im Rat wenig umstritten war.

Besinnen wir uns auf schweizerische Traditionen. Es war nicht immer so schwierig, Schweizer zu werden wie im Jahre 2004. Vor hundert Jahren genügten zwei Jahre Wohnsitzfrist; davor war gar nur ein festes Domizil nötig. Erst 1928 wurden kulturelle Definitionen fürs "Schweizerwerden" aufgenommen und die Frist laufend erhöht (1952 auf die bis heute gültigen zwölf Jahre). Damals liess der Bundesrat verlauten, dass nur eingebürgert wird, "wer geeignet und willig ist." Heute tönt es doch gelassener. Im Ständerat etwa konnten wir die Bürgerrechtsvorlagen einstimmig beschliessen. Es besteht die Einsicht, dass etwas gehen muss.

Die Revision schafft endlich eine einheitliche Regelung für die ganze Schweiz. In einer Zeit, in der die Wirtschaft immer mehr Flexibilität fordert, sind durchschnittliche Wohnsitzfristen von fünf bis sechs Jahren im selben Kanton, wie sie heute gelten, nur noch eine Schikane. (Ganz abgesehen von den unterschiedlichsten Praxen der Gemeinden.) Die Revision begrenzt die Frist auf drei Jahre. Jugendliche, die zwischen dem 14. und 19. Lebensjahr mindest fünf Jahre die Schule besucht haben, können erleichtert eingebürgert werden. Ein Zeit- und kostenaufwendiges Verfahren macht keinen Sinn. Diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind integriert.

Ein Viertel der ständigen ausländischen Bevölkerung ist in der Schweiz geboren und hat hier die Schulen besucht. Ausländerinnen und Ausländer sind sie nur auf dem Papier. Kinder der 3. Generation sollen - falls die Eltern einverstanden sind - das Bürgerrecht mit der Geburt erhalten. Voraussetzung ist, dass mindestens der Vater oder die Mutter in der Schweiz aufgewachsen ist.

Es ist mir wichtig, den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zu vermitteln, um wen es bei dieser Abstimmung geht. Es sind unsere Nachbarn, unsere Mitschüler, unsere Arbeitskolleginnen. Geben wir ihnen am 26. September eine Chance. Der Standesstimme des Kantons Solothurn könnte entscheidend sein. Mit zwei Ja zu den Bürgerrechtsvorlagen stärken wir die schweizerische Gesellschaft und die Demokratie.

Es gibt heute Schweizerinnen und Schweizer mit und ohne roten Pass. Sorgen wir dafür, dass alle Schweizerinnen und Schweizer einen Schweizer Pass erhalten können.

Ernst Leuenberger, Solothurn, Ständerat, Präsident SEV

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