SEV-2-Jahres-Kongress 26.06.2003

Rede von Ernst Leuenberger

Einleitung

  • Der SEV ist stolz darauf, an seinem Kongress Vertreterinnen und Vertreter der eidg., kantonalen und kommunalen Behörden und Verwaltungen begrüssen zu dürfen.
    Die Entscheide über den service public ö.V. liegen eben weitgehend in den Händen von Behörden und Verwaltungen.
  • Der SEV ist stolz darauf Vertretungen der schweizerischen ö.V.-Unternehmungen an seinem Kongress willkommen heissen zu dürfen.
    Partnerschaftliche Problemlösungssuche steht für den SEV statutengemäss im Vordergrund seiner Arbeit.
  • Der SEV freut sich über die Präsenz der Vertretungen der Gewerkschaften der Nachbarländer und der internationalen Dachorganisationen.
    Aus SEV-Sicht entscheidet sich die Zukunft des ö.V nämlich vor allem an den Landesgrenzen., gewiss etwa im Güterverkehr.
  • Der SEV begrüsst die Anwesenheit unserer Mitstreiter aus dem SGB und seinen Verbänden.
  • Wir begrüssen sodann Vertretungen nahestehender Organisationen wie SEV-Versicherungen, Eisenbahner-Freizeitorganisationen, von Ferieneinrichtungen.
  • Endlich ein Grusswort an die ehemaligen Verantwortungsträger und Mitarbeitenden des SEV.

  • Willkommen seien die Medienleute. Wir wissen es, ohne Ihre Arbeit gliche unsere Arbeit dem Boxen eines Verzweifelten in der schalltoten Gummizelle.

Wir tun an unserem Zwei-Jahres-Kongress zwei Dinge:

  • Wir legen mit dem vorliegenden Sozialbericht Rechenschaft ab über die Arbeit der Verbandsorgane und des SEV-Sekretariats.
  • Wir stellen gewerkschaftspolitische Weichen für die nächsten Jahre bei der Diskussion und Verabschiedung der vorgelegten Positionspapiere.

Eine kleine Vorbemerkung: ich versuche zwar einen tour d`horizon über die aktuellen Probleme zu geben. Es wird aber unmöglich sein, wirklich alle brennenden Fragen anzusprechen. Dafür bitte ich um Verständnis.

Und noch eines: auch SEV-Mitarbeitende haben gelegentlich einen Motivationsschub nötig:
Wenn pro Halbtag an diesem Kongress einmal Kompliment ausgesprochen wird, mildert das die natürlich nötige Kritik etwas und kann motivierend wirken.


1. Politik

Wir sind im service public tätig. Wir arbeiten im Auftrag der öffentlichen Hände.

Die Arbeit der Behörden, die Politik, schafft die Rahmenbedingungen für die Arbeit unserer Unternehmungen, unserer Arbeitgeber. Daher haben auch wir uns mit politischen Fragen, genau mit der Schaffung dieser Rahmenbedingungen zu beschäftigen.

1.1. Verkehr

Oeffentlicher Verkehr ist sicherer als individueller Strassenverkehr.
Oeffentlicher Verkehr ist umweltschonender als individueller Strassenverkehr.
Ganz praktisch: Die Schweiz ist zu klein, um all jene Strassen zu bauen, die nötig wären, um die ganze Mobilität auf der Strasse mit Autos abzuwickeln.

Avanti Iv, Ich nenne diese Iv ab sofort "Hingerdsi"- Initiative, weil sie rückwärtsgewandt 15 Jahre zukunftsgerichtete schweizerische Verkehrspolitik aushebeln will.
Diese Hingerdsi- Iv will einen zweiten Gotthardstrassentunnel plus 6 spurige Autobahnen.
Die Hingerdsi-Iv legt die verfassungsmässige Grundlage für ein Strassenbauprogramm von 30 Mrd Franken.

Mineralölsteuern sind in jedem zivilisierten Land Steuern für die allgemeine Kasse.
In der Schweiz meinen die Autofreaks, das seien reine Strassenbauabgaben.
Als ob je einem vernünftigen Menschen in den Sinn gekommen wäre, beispielsweise die Schnaps-Steuern für die Förderung des Alkoholkonsums einzusetzen. Das Gegenteil ist der Fall: Alkoholsteuern werden nämlich mindestens teilweise zur Bekämpfung des Alkoholismus und dessen Folgen verwendet.

Dass der SEV die Hingerdsi Iv ablehnt, ist längst klar. Auch die derzeit vorliegenden Gegenvorschläge zur Iv überzeugen den SEV nicht. Das letzte Wort werden wir sprechen, wenn der Gegenvorschlag bereinigt ist.

1.2. Finanzen

Unter dem enormen Druck der drei bürgerlichen Parteien FdP, CVP und SVP legt der Bundesrat das grösste Sparpaket aller Zeiten vor. Um 3, 4 Mrd Franken soll das Bundesbudget zurückgefahren werden.

Gleichzeitig verabschiedet der Mehrheit des Parlaments ein Steuersenkungspaket, das dem Bund 1,5 Mrd Franken Steuereinnahmen wegnimmt und gleichzeitig Kanton und Gemeinden noch einmal 1, 5 Mrd Franken.

Wir hoffen, dass die Kantone sich diesen Raubzug auf ihre Kassen nicht gefallen lassen. Sollten die Kantone wirklich erstmals in der Geschichte das Kantonsreferendum ergreifen; der SEV wir nicht zögern, sich hinter die Kantone in die Ablehnungsfront einzureihen bei der Volksabstimmung.

Als service public- Angestellte wissen wir nämlich, was die bürgerliche Politik der leeren Kassen für Auswirkungen hat z.B. auf den öffentlichen Verkehr. Wir wehren uns gegen eine vorsätzliche Demontage des öffentlichen Verkehrs durch das Zudrehen des Finanzhahns.

In der Tat schröpft das bundesrätliche Sparpaket die Mittel für den öffentlichen Verkehr in vier Bereichen gewaltig.
- Dem öffentlichen Regionalverkehr sollen Mittel entzogen werden.
Der SEV wehrt sich mit den Kantonen, dem VöV, der Litra gegen dieses Vorhaben. Kürzungen im Regionalverkehr führen sofort zu Fahrplanausdünnungen. Der ö.V. verliert damit an Attraktivität. Kürzungen im Regionalverkehr killt ö.V.
- Die Gelder der Leistungsvereinbarung Bund -SBB sollen erneut erheblich ge-
kürzt werden. Der SEV wehrt sich dagegen. Etwas spöttisch füge ich bei: In dieser hochpolitischen Auseinandersetzung können jetzt die bürgerlichen Unternehmerpersönlichkeiten im SBB-Verwaltungsrat endlich ein Gesellenstück leisten und ihre bürgerlichen Spiessgesellen von diesen unsinnigen Vorhaben abbringen.
- Die Mittel für die Verlagerungspolitik sollen gekürzt werden. Abermals ist auch der SBB VR gefordert. Wir sind gespannt.
- 20% der LSVA-Gelder für den den FinöV-Fonds sollen in die Bundeskasse umgeleitet werden. Das ist ein klarer Bruch der Versprechungen, die vor der LSVA-Abstimmung und der FinöV-Abstimmung 1998 gemacht worden sind.
Auch hier gibt es Verwaltungsräte, lauter bürgerliche Wirtschaftsexperten, bei ATG und AT BLS. Wir hören nur nichts, gar nichts von ihnen. Sie schweigen in allen Landessprachen.

Wenn Finanzpolitik zur Leitpolitik wird; wenn über finanzpolitische Massnahmen die vom Volk mehrmals bestätigte Verkehrspolitik umgekrempelt werden soll, kann und darf der SEV nicht schweigen.

1.3. Sozialpolitik

Auch die Sozialpolitik wird derzeit von bürgerlichen Batzenklemmern dominiert.
Sie fühlen sich durch das Volk bestätigt, das am 18. Mai der Krankenversicherungsinitiative eine grausliche Abfuhr bereitet hat.

Allerdings gibt auch der Respekt vor Volksentscheiden keine hinreichende Legitimation für das Kappen des AHV-Mischindex oder für die Verhinderung des vorzeitigen Rentenbezuges in der AHV. Es ist auch kein Freipass für das Kappen von Leistungen der Invalidenversicherung. Haben denn die Sparer noch nie davon gehört, dass zunehmend Menschen aus dem Arbeitsprozess rausfliegen, weil sie gesundheitlich dem zunehmenden Arbeitsdruck schlicht nicht mehr gewachsen sind? Dieses unendliche menschliche Leid kann nicht durch den Verweis auf einige bedauerliche Missbrauchsfälle aus der Welt geschafft werden.

Rechtsbürgerliche künden das Referendum an gegen die kleine, bescheidene Mutterschaftsversicherungsvorlage des Parlaments. Sie qualifizieren sich damit selbst.
Es handelt sich nämlich um die Einlösung eines Verfassungsversprechens aus dem Jahre 1945.

Ein Wort zu den Pensionskassen. Ich spreche darüber im Kapitel "Sozialpolitik", um zu zeigen, dass es sich nicht um spezifische Probleme der Pensionskasse SBB oder der PK ascoop handelt.

- Aller hysterischer Unterdeckungsdiskussion zum Trotz halte ich fest, dass die Pensionskassen allesamt als Projekte auf sehr lange Dauer angelegt sind. In 40 bis 45 Jahren soll ein Kapital angespart werden, das dann eine Rente bis ans Lebensende garantiert.
- Glücklicherweise sind wir alle Zeugen davon geworden, dass die Lebenserwartung der Menschen sich in den letzten 50 Jahren nach oben entwickelt hat. Wir gönnen nämlich den Seniorinnen und Senioren das längere Leben, den Ruhestand. Dass aber eine längere Rentendauer mehr kostet als eine kürzere, ist eine Binsenwahrheit.
- Es sei auch die Frage erlaubt, weshalb eine Pensionskasse eines Unternehmens, das auf unbegrenzte Dauer wirkt und wirken soll, jederzeit eine volle Deckung ausweisen soll. Die öffentlichen Verkehrsunternehmen, namentlich die SBB, werden solange existieren wie auch die Eidgenossenschaft existiert. Wer heute überlaut nach 100% Deckungsgrad ruft, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er denn die SBB, die Bahnen und ö.V. Unternehmen morgen liquidieren will. Die Volldeckung dient nämlich nur einem Zweck: Der Sicherung der Arbeitnehmeransprüche im Liquidationsfall.

Der SEV wird weiterhin loyal in der Führung der paritätisch verfassten Pensionskassen der ö.V. Unternehmen mitarbeiten und besonnen und entschlossen, an der Sicherung der heutigen und künftigen Rentenansprüche arbeiten. Eines ist klar, Rentenabbau ist für uns kein Thema. Es betrifft nämlich nicht nur die heutigen Rentner und Rentnerinnen, sondern auch künftige und das sind wir alle.

Wer heute versucht, die Aktiven gegen die Rentner auszuspielen, untergräbt eine Grundlage unseres schweizerischen Gesellschaftsmodells. Der Generationenvertrag ist keine Erfindung für einen Tag oder für Schönwetterperioden, sondern ein Gesellschaftsmodell.

1.4. Herbstwahlen

Bleibt mir noch der Hinweis auf die eidg. Wahlen vom 19. Oktober 2003. Ich nehme an, dass die SEV-Mitglieder sich am Wahltag an zwei alte Volksweisheiten erinnern:

- Wahltag ist Zahltag

- Nur die allergrössten Kälber wählen ihre Metzger selber.

2. Gewerkschaftsfragen
2.1. SBB

Ein junger SBB-Mitarbeiter - in einer Basis-Kaderposition tätig - beschreibt mir seine Befindlichkeit wie folgt:

"Ich nehme an Kaderrapporten teil: Immer sagt man uns, wie existenziell wichtig das Personal für das Funktionieren der Bahn sei. Das erfüllt mich jeweils mit Stolz. Im zweiten Satz sagt dann Referent, die Bahn hätte zuviel Personal, man müsste weiter abbauen. Ich komme mir dann verdammt überflüssig vor. Und die ganze Motivation ist im Eimer."

Ich denke, in dieser Schilderung liegt ein grundlegendes personalpolitisches Führungs- Problem der SBB.

SBB cargo: SBB hat sich für eine Konkurrenzstrategie entschieden, legt sich mit der DB, der FS an. Der SEV hat demgegenüber immer dafür plädiert, dass die grossen Bahnen Europas viel enger zusammenarbeiten müssten, um dem international vernetzten Strassentransportgewerbe Paroli bieten zu können. Wir halten eben nicht besonders viel von Wettbewerb bis aufs Messer, Zusammenarbeit ist allemal besser.

Die Konkurrenzfähigkeit der Güterbahn mit dem Strassengüterverkehr kann wohl nicht allein über Rationalisierungs- und Abbaumassnahmen bei der Güterbahn erreicht werden. Wer das will, zerstört die Güterbahn; er macht sie aktionsunfähig.

Aus diesen Ueberlegungen heraus ist der SEV nicht bereit, das cargo-Konzept "Neuer Wagenladungsverkehr" mitzutragen.

Ein äusserst heikles Problem stellt die neue Konkurrenzsituation am Gotthard dar:
BLS cargo mit DB im Rücken tritt in Wettbewerb mit SBB cargo. Es wird genau zu beobachten sein, ob diese neue Lage zur echten Verlagerung von der Strasse auf die Schiene führt oder nicht. Der SEV sagt zu diesem Wettbewerb heute nur soviel:
Wettbewerb darf nicht über Arbeitsbedingungen ausgetragen werden.

Kunden- und Personalsicherheit:
Gewiss kann der ö.V. nicht allein allgemeine gesellschaftliche Probleme tragen und lösen. Wer immer mehr Personal von Zügen und Bahnhöfen wegnimmt, leistet der Entstehung von "rechtsfreien" Räumen mindestens Vorschub

Wer behauptet, ein kondukteurloser Regionalzug sei billiger als ein begleiteter mag durchaus Recht haben. Nur wenn niemand mehr getraut, diesen Zug zu benutzen, ist der Zug zwar billiger, aber für die Katze.

Kundendienst- und Sicherheitspersonal in den Zügen und auf den Bahnhöfen ist besser als technokratische Videoüberwachung. Personal gibt ein Sicherheitsgefühl und dient damit der Attraktivität des ö.V.

GAV-Weiterentwicklung
Es ist eine gute Sache, sagen zu können, wir brauchen nicht einen neuen GAV, sondern wir entwickeln den bestehenden weiter.

Der SEV hat klare Vorstellungen darüber, wie diese Weiterentwicklung aussehen soll; für heute nur soviel:

- Die lohnbestimmende Personalbeurteilung hat ausgedient. Mitarbeitendengespräche ja, Lohnrelevanz der Personalbeurteilung nein.
- Die Beschäftigungsgarantie nach contrat social hat den Arbeitsfrieden bewahren helfen. Das Instrument Beschäftigungssicherheit muss bestehen bleiben. Wer seine Axt an diesen Baum legt, hat den SEV am Hals.
- Lohnsysteme sollen transparent sein und von den Beschäftigten akzeptiert werden können. Kreativität ist erfreulich, Experimente in der Lohnfindung sind verderblich. Wer ein neues Lohnsystem ohne crash einführen will, muss sich dieses erfahrungsgemäss etwas kosten lassen, sonst lässt er es lieber bleiben.

Ich weiss, dass ich zum Riesenprojekt RCC/ATR, zu den Problemen im Gepäck, zu Fragen des Rollmaterialunterhalts nichts gesagt habe. Auf diese wichtigen Fragen kommen wir sicher im Laufe der Verhandlungen noch zu sprechen.

2.2. Bahnverpflegung

Das Sorgenkind Bahnverpflegung fordert die SBB ganz besonders. Nur eines:
Man kann nicht die Bahnhöfe profitorientiert in Imbissbuden verwandeln und sich wundern, wenn kein Reisender im Zuge ein Sandwich oder ein Getränk kauft. Vielleicht hülfe eine Mischrechnung weiter.
Jedenfalls ist der SEV nicht bereit, in der Tieflohnbranche "Bahnverpflegung" dem Personal weitere Opfer zuzumuten.

2.3. KTU Bahnen

Namentlich die KTU-Bahnen warten seit Jahren auf die Bahnreform II; immer in der Hoffnung, der Bund werde Mittel zur Sanierung notleidender KTU-Bahnen zur Verfügung stellen. Ernstzunehmende KTU-Direktoren weisen auf Substanzerhalt-Probleme hin.

Dummerweise fällt die sehnlichst erwartete Bahnreform II in eine Phase leerer Bundes- und Kantonskassen, was nicht viel Gutes erahnen lässt.

Der SEV wird nicht müde werden, die Bundesbehörden an ihre gegebenen Versprechen zu erinnern.

Die KTU-Bahnen ihrerseits suchen neue Formen der Zusammenarbeit und des Zusammengehens. Der SEV hilft bei diesen Prozessen mit, solange Garantie für personalverträgliche Umsetzung besteht. In diesem Sinne haben wir Entstehung der Thurbo als Rettungsaktion für die MThB begleitet. Wir haben auch ohne Kampfaufrufe die Fusion BT-SOB begleitet. Wir verfolgen aufmerksam die Entwicklung im Bereich SBB-TMR und sind gespannt, was aus den Zusammenarbeitsprojekten der RM entstehen soll.
Zentral auch hier: Der SEV meint, Zusammenarbeit sei immer besser als kleinlicher Wettbewerb bis aufs Messer. Wenn es den Unternehmen gelänge, den Personaleinsatz etwas durchlässiger zu gestalten, wäre das ein Schritt in Richtung "job enrichment"; bisher tun sie eher das Gegenteil, was unsere Leute zu Recht ablehnen.

Dass der SEV weiterhin flächendeckende GAV z.B. für KTU-Normalspurbahnen anstrebt, sei der Vollständigkeit halber erwähnt.. Dass ein Normalspur-GAV sich nicht wesentlich vom SBB-GAV unterscheiden sollte, versteht sich von selbst. Wir wünschen nämlich nicht, dass der Wettbewerb unter den Normalspurbahnen über die Arbeitsbedingungen, lies Personalkosten ausgetragen wird. Diesen ideologischen Unsinn bekämpfen wir mit all unseren Möglichkeiten. Auch der Bundesrat strebt keinen Bahnwettbewerb über Sozialdumping an.


2.4. KTU Busse

Wir haben es stets gesagt, im Bussektor wird der Ausschreibungswettbewerb zuerst Folge zeitigen.
Daher unsere klare Forderung nach einem Bus-GAV Schweiz . Nur ein flächendeckender Bus-GAV kann mithelfen, Sozialdumping zu verhindern.
Von diesem GAV sind wir noch weit entfernt. Richtig schweizerisch erfolgt der Aufbau von unten nach oben.
Es entstehen Firmen GAV, es gibt z.B. den kantonal-bernischen Bus Rahmen-GAV. In der Waadt wird ernsthaft über einen kantonalen KTU-Rahmen-GAV gesprochen.

Der VöV hat bei diesem Prozess eine wichtige Aufgabe; möge er sie doch bitte etwas kraftvoller wahrnehmen.

Gewerkschaftlich hebe ich die gute Zusammenarbeit mit VPOD-Nahverkehr und mit der Gewerkschaft Kommunikation, Bereich Postauto, hervor.

2.5. Schiffahrt

Die angekündigte SEV-Schiffahrtstagung wird diesen Herbst durchgeführt. Das Personal der Schiffahrt wird dort seine generellen Vorstellungen über die Zukunft dieses wichtigen Zweiges der schweizerischen Tourismuswirtschaft diskutieren. Der SEV wird weiterhin alles unternehmen, um berechtigten Forderungen auch dieser Personalgruppe zum Durchbruch zu verhelfen.

2.6. touristische Bahnen

Leider betrachtet man bei einigen touristischen Bahnen Gewerkschaften immer noch als blossen Störfaktor. Immerhin es gibt auch andere: GAV halten auch da und dort Einzug, weil vorausschauende Arbeitgeber sich geregelte Arbeitsbeziehungen wünschen und wissen, dass partnerschaftlich eingebundenes Personal ein wichtiger Erfolgsfaktor ist.

Die kantonalen und eidgenössischen Subventionsbehörden begreifen auch langsam, dass sie die Arbeitsbedingungen als Subventionskriterium berücksichtigen müssen. Der SEV leistet auf diesem Gebiet Pionierarbeit.
Ob der Seilbahnverband, der unter dem Dach des VöV wirkt, als Arbeitgeberverband zu einem interlocuteur valable für den SEV werden kann und will, wird sich noch weisen müssen.

2.7. Neue Bereiche

Als vor zwei Jahren die kleine Crossair-Bodenpersonal-Organisation GATA bei uns anklopfte, konnte niemand wissen, dass sie zwei Jahre später die grösste Personalorganisation des Bodenpersonals bei Swiss sein würde.
Der SEV unterstützt seine assoziierte Gewerkschaft GATA in ihren Bestrebungen, die Arbeitsplätze ihrer Mitglieder zu sichern.
Die aktuelle Situation ist für die betroffenen Mitarbeitenden dramatisch . Der SEV erklärt sich solidarisch mit GATA und bietet seine Hilfestellung an.

Unter den Neuen Bereichen wird auch das Personal der outgesourcten Bahn-Unternehmensteile geführt.
Der SEV ist Vertragspartner bei der Krankenkasse atupri (früher SBB-Krankenkasse), bei der Stiftung SBB-Pensionskasse, bei der Alp-Transit-Gotthard usw.

Neuerdings wollen sich auch Taxifahrer - Taxis sind bekanntlich halböffentliche Verkehrsmittel - unter das Dach des SEV begeben.

3. Verband

Ueber Verbandsgeschäfte reden, erweckt leicht den Eindruck der Nabelschau. Daher in aller Kürze.
3.1. Zeitungen Verbandsmedien
Ich freue mich über die Entwicklung bei den SEV-Zeitungen. Die Redaktionen strengen sich an, gut und schnell zu informieren. Besonders freut mich, dass durch das Zusammengehen von "travail et transport" mit den "évènement syndical" in der Westschweiz eine grosse gewerkschaftliche Wochenzeitung entstehen kann.

Erfreut registriere ich das grosse Interesse, das unsere SEV-home page bei Zehntausenden von Besucher/innen findet.
In den allgemeinen Medien findet der SEV statt. Wir helfen immer wieder mit, dass der ö.V. und sein Personal, seine Kunden/Innen ein Thema sind.

3.2. Peko

Mit dem GAV SBB sind in diesem Bereich betriebliche Personalvertretungen eingerichtet worden, mit denen der SEV ausgezeichnet und eng zusammenarbeitet. Ich danke dafür, den Pekos aller Stufen und wünsche, dass wir auf dem eingeschlagenen Weg gemeinsam weitermarschieren.

Die Koordination Gewerkschaft-Peko erfordert aber auch Mehraufwand auf Gewerkschaftsseite. Eigentlich haben wir einmal gehofft, wir würden massiv entlastet. Das ist bis zur Stunde nicht Wirklichkeit geworden.

3.3. Verbandsstrukturen, Leitungsstrukturen

Das Projekt "Domino", das im wesentlichen die Unterverbände durch Regionalstrukturen hat ersetzen wollen, ist gescheitert. Folgerichtig werden wir uns bereits an diesem Kongress über die Frage aussprechen, ob ein weiterer Unterverband zu bilden sei.

In der Zwischenzeit haben wir uns eine effiziente, vorläufig noch informelle Leitungsstruktur gegeben. Der Beschluss über 3 Vizepräsidien ermöglicht eine 5-köpfige engere Profi-Verbandsleitung bestehend aus dem Präsidenten, den 3 Vizes und dem Finanzchef. Ich halte das für ein zukunftsträchtiges Modell.

Genau diese Leitungsstruktur hat sich im übrigen die Gewerkschaft Kommunikation gegeben mit einer 5-köpfigen Profi-Geschäftsleitung; mit einigem Erfolg wie Figura zeigt.

Ihr wisst es, in diesem Zusammenhang, erlaube ich mir gelegentlich, ein wenig zu träumen.

3.4. Verbandszusammenarbeit, SGB

Der SGB unter der Leitung von Nationalrat Paul Rechsteiner kann auf unsere loyale Mitarbeit zählen.

Die Funktion des Föderativverbandes hat die Verhandlungsgemeinschaft Bundespersonal übernommen. Wir sind dort assoziiert, weil uns das Bundespersonalgesetz als Grundlage für den SBB-GAV nach wie vor intressiert.

Das Projekt Verbandszusammenarbeit VPOD-Kommunikation-SEV liegt auf dem Eis. Wir warten geduldig das Ende der Eiszeit ab. Wir arbeiten in der Zwischenzeit Einzelprojekt-bezogen weiter. Am Beispiel Zusammenarbeit im
Regionalverkehr lässt sich leicht zeigen, dass wir das gewiss erfolgreich tun. Dafür sei der Dank an VPOD und Gew. Kommunikation ausgesprochen.

Wir pflegen auch die Beziehungen zu den Leitern des Gewerkschaftsprojekts UNIA (GBI, SMUV, VHTL).
Ich schliesse nicht aus, dass in ferner Zukunft diese Zusammenarbeit institutionalisert werden könnte.

4. Internationales

Grenzüberschreitender Personaleinsatz heisst hier das Problem. Wir haben längst begriffen, dass in einer Zeit, wo ein und derselbe Lastwagenfahrer von Holland nach Spanien oder nach Süditalien durchfährt, die Bahnen nicht an jeder Landesgrenze stillstehen können. Das sind Prozesse, die durch grosse Worte nicht verscheucht werden können. Auch Streiks helfen in dieser Sache nicht unbedingt weiter.

Allein der SEV kann nicht Hand dazu bieten, die errungenen schweizerischen Arbeitsbedingungen - in diesem Land mit einem sehr hohen Preisniveau - durch subito -Interoperabilität einfach so kaputtschlagen zu lassen. Kluge Lösungen sind gefragt.

Unsere Zusammenarbeit muss dringend intensiviert werden. Der SEV strengt sich an, auch wenn man uns Schweizern einen gewissen Hang zu isolationistischer Ueberheblichkeit nachsagt.

Schluss

Ich komme zum Schluss und fasse zusammen:

- Vertragspolitisch sind wir auf einer Vielzahl von Baustellen tätig. Konstruktiv wie ich meine.
- Verkehrspolitisch sind wir in Kampfposition für die Fortsetzung der eingeleiteten klugen ö.V-Förderungspolitik; gegen das Todsparen des ö.V.; gegen überrissenen Strassenbau-Programme gemäss Hingerdsi-Initiative.
- Sozialpolitisch verteidigen wir die Sozialwerke AHV, IV und unsere Pensionskassen.

Wir werden diesen Herbst im Rahmen des SGB gewaltig mobilisieren müssen und stark auftreten in der Oeffentlichkeit. Die bürgerlichen Obersparer, die Sozialabbauer und die ö.V. Abbauer sollen wissen, mit dem SEV ist rechnen. Ich zähle auf Euch.

Mit uns ist eine ökologische ö.V. Schweiz zu haben.
Mit uns ist eine soziale Schweiz zu haben.
Mit uns sind sozialer Friede und damit wirtschaftlicher Erfolg zu haben.
Ohne uns bewegt sich nichts.

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