Ständerat
Ernst Leuenberger zum Abschied von
Jean Maurice Lätt
4. Mai
2001
Liebe Trauerfamilie
Liebe Trauernde
Abschied
nehmen von Jean-Maurcie Lätt heisst für mich danke sagen einem politischen
Freund, einem langjährigen Weggefährten, einem aufrechten Sozialdemokraten,
einem Staatsbürger, der als Gemeinderat, Kommissionsmitglied und Kantonsrat
aktiv und gestaltend am politschen Geschehen mitgewirkt hat.
Ich darf
hier danke sagen dem Chronisten der Solothurner Sozialdemokratie, der
Gewerkschaften, der Arbeiter- Kultur-und Sportvereine.
Politisch will ich mit Ernst Bloch fragen: „Was hat solche, die es sozusagen
nicht nötig hatten, zur roten Fahne geführt. Vielleicht das Gemüt, das,
indem es vorhanden ist, sich vor dem Elend so vieler zusammenkrampft.
Vielleicht das Gewissen ...."
Der Historiker
J.M. gibt uns die Antwort gleich selber in seinem Vorwort zu seinem
370 seitigen Buch „120 Jahre Arbeiterbewegung des Kantons Solothurn“.
Nicht nur setzt er einen Untertitel „Für eine demokratische und solidarische
Welt“; nein er demonstriert füglich sein Interesse, sein Engagement
für die namenlos Kämpfenden in dieser Bewegung:
„Die Geschichte
der sozialdemokratischen Bewegung ist jedoch mehr als nur die Geschichte
der Partei und ihrer Exponenten.“
Eben keine
„histoire des héros“, auch nicht blosse histoire des évènements, sondern
eine Geschichte der Arbeiterinnen und Arbeiter, eine Geschichte von
Frauen und Männer, die nie einen unmittelbaren Nutzen aus ihrem politischen
Engagement gezogen haben. Der Historiker J.M. hatte jene Menschen im
Auge, denen Jacques Schmid in seiner „Familie Noth“ ein literarisches
Denkmal gesetzt hat.
J.M. ist
der Historiker jener - ich zitiere Peter Bichsel in seinem Vorwort zum
Buch von J.M. - „die nicht nur für diese Partei gelitten (haben), sondern
auch dauernd an dieser Partei, am persönlichen Ehrgeiz ihrer Exponenten."
Und weiter:
„Die Geschichte der Partei ist wohl eine andere, nämlich jene der dauernd
verzweifelnden Mitglieder. Sie entzieht sich der Historik. Sie bleibt
eine Hoffnung“
Genau diese
Hoffnung – oder um mit Bloch zu reden: das Prinzip Hoffnung – drückt
J.M. aus, wenn er schreibt:
„ich habe
mich stets um Lesbarkeit bemüht."
....und
weiter: "Ich hoffe, dass manche unter ihnen bei der Lektüre neuen
Mut für politisches Engagement finden werden.“
Seinen
Mitstreitern, den Nachfolgenden Mut und Hoffnung geben. Das ist das
Werk und Vermächtnis dieses überzeugten, redlichen und bescheidenen
politischen Menschen J.M. Unerschütterlicher historischer Optimismus,
will sagen, Glaube daran, dass es gut kommen muss. Das ist die Botschaft,
die J.M., als froher Mensch, uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
übermittelt hat.
Vielleicht
war er gar im Sinne von Karl Barth: ein fröhlicher Partisan Gottes.
Fest eingraviert im mein Gedächtnis ist seine kluge und engagierte Rede
am Jubiläumsparteitag der SP SO von 1990. Unvergessen seine schlagfertige
Argumentationsweise anlässlich eines öffentlichen Streitgespräches über
sein Buch. Unvergessen seine gelegentliche schelmische Freude am lebhaften
Streitgespräch.
J.M. zitiert
in seinem Buch den Abschiedsgruss von Meinrad Peier an Gottfried Klaus.
Lassen Sie mich damit meine Dankes- und Erinnerungsworte an J.M. schliessen:
Ich grüble
und ich sinne,
ich dreh es her und hin.
Doch eins ist uns geblieben,
seine Streben und und sein Ziel.
Sein Tun,
das geb uns Stärke,
sein Willen Kraft zum Werke,
Vermächtnis sei`s uns allen
Und tröstlicher Gewinn.
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