Sonntags-Zeitung
- Ausgabe vom 06. November 2005
«Cargo-Chef
Daniel Nordmann schwatzte allen den Kopf voll»
SP-Ständerat
und Eisenbahner Ernst Leuenberger über den Abbau bei SBB Cargo
Sie
müssten es wissen, Herr Leuenberger: Was löst es bei den Schweizern
aus, wenn die SBB ihr Güterverteilnetz so drastisch zusammenstreichen?
Ernst
Leuenberger: Sehr grosse Enttäuschung. Alle Leute sind stolz
auf die Bahn und darauf, dass sie sowohl im Personen- wie im Güterverkehr
gut funktioniert. Und sehr viele Menschen sind froh, dass wir in der
Schweiz ein
bisschen weniger Lastwagen auf den Strassen haben als die Nachbarländer.
Wir haben auch im Binnenverkehr sehr viele Güter auf der Schiene.
Aber
SBB Cargo funktioniert ja eben nicht gut, die Defizite wachsen. Also
ist doch der Abbau richtig.
Die Massnahme
ist falsch. Ohne in Nostalgie machen zu wollen: Bevor man mit der ersten
Bahnreform in den 90er Jahren den Wettbewerb unter den Bahnen
einführte, verdiente Cargo Geld zum Beispiel dank den lukrativen
Kerosen-Transporten. Das Konkurrenzsystem führte dazu, dass plötzlich
Geld fehlte, um den Binnengüterverkehr zu finanzieren.
Ist
ja klar, dass sich ein SPler gegen den Wettbewerb ausspricht.
Ich halte
Wettbewerb im Bahnsektor für einen Unsinn. Er steigert weder die
Effizienz noch die Versorgungsdichte.
Trotzdem:
es ist doch besser, eine florierende SBB zu haben, ohne diesen defizitären
Cargoklumpen am Bein.
Das Schweizer
Volk will die Verlagerung, und wenn die nicht klappt, muss der Bund
laut Gesetz eingreifen. Das heisst: Mehr Geld für tiefere Trassenpreise.
Aber der Bund muss auch strassenseitig aktiv werden. Bei den
Arbeitsbedingungen und den Sicherheitsvorschriften springt man mit der
Strasse viel pfleglicher um. Das hat mit gesundem Wettbewerb zwischen
Bahn und Strasse nichts zu tun. Die Lastwägeler unter Ständerat
Carlo Schmid
wollen nicht mal einen GAV, das ist Neandertaler-Mentalität.
Das
Volk wolle die Verlagerung, sagen Sie. Nur gilt diese Klausel für
den Alptransit, nicht für den Binnenverkehr. Streng juristisch
gesehen ist das richtig. Aber als dieses Gesetz gemacht wurde, war es
für alle selbstverständlich, dass auch der Binnenverkehr seinen
Platz hat.
Moritz
Leuenberger selber hat kürzlich mitteilen lassen, dass dies nicht
derFall sei. Ein
sozialdemokratischer Verkehrsminister darf solches nicht sagen, das
ist nur noch frustrierend.
Der
Wettbewerb ist real, das Verlagerungsziel gilt nicht für den Binnenverkehr:
Wäre der Kahlschlag trotzdem zu vermeiden gewesen?
Der Bundesrat
machte den grossen Fehler, vor drei Jahren in der SBB-Leistungsvereinbarung
schwarze Zahlen von Cargo zu fordern. Ich habe getobt, habe diesem unfähigen
SBB-Verwaltungsrat und auch dem machiavellistischen Cargo-Chef Daniel
Nordmann beizubringen versucht, dass
dieses Ziel nicht zu erreichen ist. Nicht so lange in der EU keine Maut
existiert und nicht bevor die Neat läuft. Aber Nordman schwatzte
allen den Kopf voll, auch Moritz Leuenberger.
Wer
sich so täuscht wie Nordmann, müsste gehen.
Zumindest
müsste er mal hinstehen und zugeben, dass er sich fundamental getäuscht
hat. Jetzt über erordierende Preise zu jammern ist lächerlich;
dieser Prozess war schon 2002 im Gang.
Laut
SBB sind nur 5 Prozent des Gütervolumens vom Abbau betroffen. Was
ist denn so schlimm am Ganzen?
Diese Zahl
ist unglaubwürdig. Wer neu den Lastwagen nehmen muss bis zur ersten
Verladestation, wird dort icht mehr umladen. Der Trend für den
Wagenladungsverkehr ist schlimm; es kann leicht in einer Katastrophe
enden.
Interview:
Christoph Lauener
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