Solothurner Zeitung, 16.01.2008

Walter Weber: Kämpferischer Geist und Menschenfreund

Gedanken zum Tod des Derendinger alt Ständerats, der am Freitag, 90-jährig, gestorben ist.

ERNST LEUENBERGER, STÄNDERAT

Walter Weber: Noch als hochbetagter Mann kannte er keine Berührungs
ängste mit der modernen Technik

Höhepunkt in Walter Webers öffentlichem Wirken war seine Wahl zum Ständeratspräsidenten Ende 1982. Im Ständerat (1971–87) handelte er stets im Geist seiner bemerkenswerten präsidialen Antrittsrede, die im Folgenden auszugsweise zitiert wird.

Dem Bekenntnis zur SP folgt ein Blick auf die Entwicklung der Arbeiterbewegung: «Der Arbeiter ist nicht mehr ein Aussenseiter, verachtet und gedemütigt. Er ist ein stolzer Bürger, seiner Kraft und seiner Rolle in Wirtschaft und Öffentlichkeit bewusst. Der ‹vaterlandslose› Geselle von einst hat eine Heimat gefunden, in der er sich verwurzelt fühlt und mit der er sich identifiziert.»

Es folgt das Ja der Sozialdemokratie zum Staat, «der allein unsere Freiheiten und Rechte garantieren kann, der für soziale Gerechtigkeit bürgt, der aber auch Heimat und Geborgenheit bedeutet».

Stolz über Erreichtes: «Der Wandel der letzten Jahrzehnte in diesem Land ist weitgehend auch ein Produkt der Anstrengungen der organisierten Arbeiterschaft.»

Gleichzeitig schreibt er kämpferisch seinen Gegnern markante Sätze ins Stammbuch: «Der Ruf nach weniger Staat ist in einzelnen Teilbereichen verständlich, darf aber nicht absolut verstanden werden. Jede Kompetenz oder Machtbefugnis, die dem Staat weggenommen wird, bleibt im Raume stehen, wird letztlich von einzelnen, allenfalls von privaten, wirtschaftlichen oder politischen Gruppierungen in Anspruch genommen oder angeeignet.»

Der Wengi-Geist wird beschworen: «Der Kanton Solothurn ist Ort des Ausgleichs, des Kompromisses, der Verständigung und der Toleranz.» Und: «Es geht nicht darum, Gegensätze wegzuzaubern, noch soll eine Gesellschaft ohne Vielfalt der Auffassungen angestrebt werden.»

Webers Werdegang

Der so denkende und handelnde Walter Weber wurde 1937 mit 20 Jahren als Lehrer in Derendingen gewählt. Er bliebt diesem Beruf treu bis zur seiner Wahl als Gemeindeammann 1969. Mit 24 finden wir den jungen Schulmeister bereits im Derendinger Gemeinderat. Der 29-Jährige wird 1946 in den Kantonsrat gewählt. 1967 wird er Kantonsratspräsident.

Bedacht auf Ausgleich und Vermittlung, kommt er in der Bundes- SP-Fraktion voll zum Zuge, als 1973 Willi Ritschard und 1983 Otto Stich, gegen den Willen der SP in den Bundesrat gewählt wurden. Wenn die beiden bei ihren Rücktritten zu SP-Lieblingen geworden waren; das war auch Webers Werk.

Zweier von Walter Weber stark geprägter Ereignisse sei in Dankbarkeit gedacht: Derendingen feierte 1981 500 Jahre Solothurn im Bund mit einer Zukunftswerkstatt. Über den Tag hinaus und grenzüberschreitend wurde die Zukunft ergründet. Und der erfolgreiche Kampf für den Erhalt der Arbeiterwohnsiedlung «Elsässli» in Derendingen führte dazu, dass die Gemeinde die Häuser kaufte, um sie der Spekulation zu entziehen.

In Dankbarkeit erinnern sich Sozialdemokraten und Gewerkschafter mit dem Solothurner Volk an einen liebenswürdigen Gesprächspartner, einen entschlossen Handelnden, an einen einfühlsamen Ratgeber – einen Menschenfreund.

MedienKontaktGaestebuchArchivLinks