Ständerat: Wintersession, 09. Dezember 2002

Parlamentarische Initiative
KVF-NR.
Flächendeckendes
Poststellennetz. Änderung
des Postgesetzes

Ganze Debatte zu diesem Geschäft


Leuenberger Ernst (S, SO): Ich muss Sie hier bitten, auch wenn es schon spät ist, sich Rechenschaft darüber zu geben, dass wir es mit einer Gesetzeslücke aus der schon erwähnten PTT-Reform zu tun haben. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass die Formulierung, wie sie im ersten Teil des Antrages der Minderheit Escher enthalten ist, wörtlich, buchstäblich im Fernmeldegesetz figuriert.

Als man bei der PTT-Reform den Fernmeldemarkt geöffnet hat, hat man gesagt: Es braucht Elemente einer Marktordnung. Man ist damals hingegangen und hat Formulierungen aus dem Gesetz für das öffentliche Beschaffungswesen genommen und sie als Elemente einer Marktordnung ins Fernmeldegesetz eingefügt. Denn der Gesetzgeber wollte bei dieser Marktöffnung verhindern, dass die Konkurrenz sich allein über Personalkosten abspielt. Das war übrigens damals beim Fernmeldegesetz ein Vorschlag des Bundesrates, den er schon in der Botschaft gemacht hatte.

Ich habe mich inzwischen bei den damaligen Gesetzesredaktoren erkundigt und gefragt, weshalb sie diese Formulierung nicht auch ins Postgesetz eingefügt hatten. Ich habe die banale Antwort erhalten, dass man sich damals, vor fünf Jahren, schlicht nicht hat vorstellen können, dass irgendjemand versuchen könnte, dass Private versuchen könnten, bei der Paketpost als Konkurrenten aufzutreten. Denn unsere damalige Post - wie auch die heutige - hat uns ja immer gesagt, bei der Paketpost sei kein Blumentopf zu gewinnen, weil die Paketpost bekanntlich ja relativ defizitär funktioniere.

Ich gehe einen Schritt weiter, um Ihnen zu zeigen, dass hier wirklich eine Gesetzeslücke besteht. Etwa zwei Jahre später, nach der PTT-Reform, hat man das Projekt Bahnreform an die Hand genommen. Auch dort hat man unter dem Titel "Freier Schienenzugang" oder neudeutsch "open access" die Möglichkeit geschaffen, dass verschiedene Interessenten die bestehende Infrastruktur benützen könnten. Auch dort, ins Eisenbahngesetz, hat man wörtlich, buchstäblich den ersten Teil des Wortlautes des Minderheitsantrags Escher - übrigens auch dort auf bundesrätlichen Antrag hin - als Element einer Marktordnung ins Gesetz eingefügt. Man befand das für richtig so. Wenn ich ganz ehrlich sein will, muss ich Ihnen sagen: Die Wirkung dieser Bestimmung sowohl im geltenden Fernmeldegesetz wie auch im geltenden Eisenbahngesetz ist eher eine präventive denn eine operative. Ich habe nämlich bei der Verwaltung nachgefragt, wie häufig sie aufgrund dieser Bestimmung im Fernmeldegesetz, im Eisenbahngesetz bisher tätig geworden seien. Sie sind offensichtlich nicht tätig geworden, aber jeder Interessent, jeder mögliche Anbieter weiss: Es gibt gewisse Elemente einer Marktordnung.

Ich kann Sie nur bitten. Ich bedaure von ganzem Herzen, dass ich dummerweise in der Kommission Vorsitzender war, denn da soll man sich extrem zurückhalten. Aber jetzt darf ich auch einmal etwas sagen. Hätte ich in der Kommission nicht den Vorsitz geführt, dann wären wir - davon bin ich überzeugt, denn wir haben ein sehr gutes Klima - aufgrund dieser Argumentation, wie ich sie jetzt habe vortragen dürfen, zum Schluss gekommen, es sei sinnvoll, dieses Element einer Marktordnung auch hier im Postgesetz einzufügen, neben dem Fernmeldegesetz und dem Eisenbahngesetz.

Ich möchte Sie dringend darum bitten, dem Minderheitsantrag Escher zuzustimmen.

 

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