
Ständerat: Wintersession, 09. Dezember 2002
Postorganisationsgesetz.
Änderung
Ganze
Debatte zu diesem Geschäft
Leuenberger Ernst (S, SO): Selbstverständlich ist die Trennung
in die beiden Abschnitte, wie sie jetzt vorgenommen wird, zu respektieren.
Wir sprechen jetzt also zuerst über die Liberalisierung; über
die Schäden und Kosten sprechen wir später.
Ich bin dem Bundesrat ausserordentlich dankbar dafür, dass die
damalige PTT-Reform nach fünf Jahren etwas evaluiert wird. Das
ist sicher nötig und nützlich. Wir haben ja immerhin festgestellt,
dass an den Veränderungen, die im Postwesen eingetreten sind, weiteste
Kreise der Bevölkerung sehr intensiv Anteil genommen haben - zustimmend,
weniger zustimmend, feierlich protestierend. Wir haben festgestellt,
dass sich ganze Kantonsparlamente mit einzelnen Vorgängen in der
Post auseinander gesetzt haben und dass einstimmig verabschiedete Resolutionen
aus Kantonsparlamenten hervorgegangen sind. Insofern ist es nützlich.
Ich will mich eigentlich auf einen einzigen Punkt begrenzen. Ich will
halt doch vom Geld reden und Ihnen etwas sagen, was zu oft vergessen
wird. Ich nehme mir jeweils die Freiheit, dies als einen gewissen Konstruktionsfehler
der PTT-Reform von damals zu bezeichnen. In den alten PTT gab es zwei
grosse Bereiche: Den Postbereich und den Telekombereich. Jedes Kind
wusste es: Die Post rentiert überhaupt nicht, aber der Telekombereich
ist die "Cash-Cow", dort kommt das Geld her. Da wurde quer-subventioniert.
Das haben wir bei den Rechnungsablagen und bei den Budgets, die damals
noch im Parlament behandelt wurden, so dargestellt. Jährlich wanderten
rund 500, manchmal 600, manchmal bis 800 Millionen Schweizer Franken
aus dem Telekombereich in den Postbereich. Das hat man immer kritisiert,
und man hat gesagt: Wenn man diese Bereiche je trennen sollte, dann
würde es für den Bereich der Post ein Problem geben.
Dann - 1994, 1995, 1996 - kommt die PTT-Reform. Diese Reform tritt auf
den 1. Januar 1998 in Kraft. Bei den Beratungen wird diese Frage thematisiert.
Jetzt kommen die damaligen Manager ins Spiel. Die damaligen Postmanager,
ich unterstreiche es fünfmal, haben den parlamentarischen Kommissionen
gesagt: Kein Problem - wenn die Subventionen für die Post wegfallen,
kann man das problemlos ausgleichen. Auf der einen Seite rationalisiert
man ein wenig, und auf der andern Seite gibt es einige Grosskunden,
die nicht kostendeckende Preise bezahlen. Man muss dieses Geld halt
dann durch eine entsprechende Preis- und Tarifpolitik wieder hereinbringen.
Das Parlament hat sich damals so beruhigen lassen.
Nun, die Geschichte ist nicht ganz so herausgekommen, wie man damals
gesagt hat. Wir haben festgestellt: Es sind Änderungen vorgeschlagen
und durchgezogen worden, aufgrund dieses Kappens der Finanzströme
aus dem Telecom-Bereich in den Postbereich, die zu Massnahmen in den
Bereichen des Poststellennetzes, der Paketpost, der Briefpost usw. geführt
haben. Ich nehme an, wenn wir diese Evaluation nach fünf Jahren
seriös durchführen wollen, müssen wir halt - ob es uns
gefällt oder nicht - auch darüber sprechen, ob denn jene Postleistungen,
die wir als Bürgerinnen und Bürger von der Post erwarten,
kostendeckend zu erbringen sind. Wenn die Antwort lauten sollte, dass
das nicht möglich ist, dann hätten wir uns in die Augen zu
schauen und uns darüber zu unterhalten, wie diese Finanzierung
erfolgen soll.
Was vor 1998 jedes Kind in diesem Land gewusst hat, dass nämlich
die Post nur funktionieren kann, wenn sie quersubventioniert wird, dieses
Prinzip haben auch die besten, tüchtigsten und integersten Führungsleute
der Post nicht lösen können, und sie können es auch nicht
lösen, wenn sie nicht zu Doktor-Eisenbart-Methoden Zuflucht nehmen
wollen.
Ich kritisiere die heutigen Postmanager mit keinem Wort, denn sie haben
sich in einem Rahmen zu bewegen, den wir ihnen als Parlament gesetzt
haben, und in diesem Rahmen ist der Spielraum sehr eng. Ich finde -
deshalb werde ich mich vielleicht ein zweites Mal zu Wort melden, wenn
es dann darum geht, allfällige Abgeltungen zu bezahlen -, deshalb
müssen wir auch bei dieser Evaluation über diese Frage sprechen.
Ich meine, das Postorganisationsgesetz dürfte keine grossen Diskussionen
auslösen. Es ist - soweit ich vernommen habe - nicht sehr umstritten.
Hingegen erlaube ich mir ein paar Bemerkungen zum anderen Beschluss,
der jetzt zur Debatte steht, nämlich zum Bundesbeschluss betreffend
die Gesamtschau zur weiteren Entwicklung des Postwesens in der Schweiz.
Das ist ein einfacher, nicht referendumspflichtiger Beschluss, und dessen
Inhalt ist in dieser Form in diesem Land etwas sehr Unübliches,
sehr Ungewöhnliches. Damals, beim Erlass des Postgesetzes im Rahmen
der PTT-Reform, hat das Parlament dem Bundesrat gewisse Kompetenzen
übertragen, beispielsweise die Kompetenz, gewisse Monopolgrenzen
zu senken.
Ich mag nicht die ganzen Beratungen von damals wiederholen, aber gemäss
geltendem Postgesetz hat der Bundesrat in diesem Zusammenhang recht
grosse Kompetenzen. Jetzt kommt der Bundesrat - und ich glaube, er meint
es gut; ich werde in diesem Zusammenhang später dann noch spöttisch
Bertolt Brecht zitieren - und sagt uns: Bitte, liebes Parlament, nimm
davon Kenntnis, dass ich, der Bundesrat, die Absicht habe, gelegentlich
von meinen Kompetenzen in diesem oder jenem Sinn Gebrauch zu machen.
Das ist ein Vorgang, der im politischen Prozess seine Bedeutung haben
mag, es ist aber ein Vorgang, der aber absolut unnötig ist. Nicht
nur ist er aus rechtlicher Sicht unnötig, sondern er passt in die
gegenwärtige postpolitische Diskussion ungefähr wie eine Faust
auf ein bereits blaues Auge.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Die zweite Vorlage, dieser einfache
Entwurf für einen Bundesbeschluss betreffend die Gesamtschau zur
weiteren Entwicklung des Postwesens in der Schweiz, ist schlicht und
ergreifend überflüssig. Ich bekenne denn auch, dass ich in
der Gesamtabstimmung in der Kommission dagegen gestimmt habe. Ich halte
diesen Beschluss nämlich nach wie vor für überflüssig,
dies umso mehr, als der Bundesrat uns ja inzwischen erklärt hat,
dass er gar nicht die Absicht habe, kurzfristig von diesen Kompetenzen
Gebrauch zu machen, sondern das eher längerfristig sehe: wenn es
dann gar nicht mehr anders gehe. Ich muss Ihnen ganz offen gestehen:
Wenn wir in den kommenden Jahren neben unserer schwierigen Gesetz-gebungsarbeit
noch andauernd Kenntnis nehmen sollen, dass der Bundesrat die Absicht
hat, gelegentlich von seinen Kompetenzen Gebrauch zu machen, dann halte
ich das nicht für sehr zweck-mässig.
Ich schliesse also meine Ausführungen zu diesem Paket der Vorlagen
1 und 2 noch einmal mit dem Hinweis: Die Frage, mit der wir uns bei
dieser Evaluation zu vier, fünf Jahren Postreform zu befassen haben,
lautet:
Sind wir denn allesamt überzeugt, dass die Post die Leistungen,
die wir, die die Kantone, die die Gemeinden, die die Bevölkerung
von der Post erwarten, kostendeckend erbringen kann?
Sollten wir zum Schluss kommen, das sei nicht möglich, dann werden
wir uns sehr intensiv über die Frage beugen müssen: Wie sind
denn diese nicht gedeckten Kosten zu decken?
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