Ständerat: Frühlingssession, 07. März 2002

Arbeitslosenversicherungs-gesetz, 3. Revision

Ganze Dabatte zu diesem Geschäft

Leuenberger Ernst (S, SO): ): Eine Vorbemerkung: Ich habe den Verdacht, dass niemand in diesem Saal sitzt, der jemals Arbeitslosenunterstützung bezogen hat. Schätzen wir uns glücklich und danken wir dem Schicksal und dem Umfeld dafür, dass das so ist, und betrachten wir uns als Privilegierte.
Ich nehme an, Privilegierte haben die moralische Verpflichtung, Solidarität zu üben.

Ich darf Sie historisch ganz kurz daran erinnern, dass das grösste Sozialwerk, das wir in diesem Lande haben, die AHV, eine nach oben offene Beitragsskala hat. Da wird - nach dem Ausdruck von Kollege Frick - erbarmungslos abgeschöpft. Die Rentenleistungen sind aber ganz klar plafoniert, und es würde niemandem in diesem Land einfallen, dieses Solidaritätswerk, wie es nach den schweren Jahren des Zweiten Weltkrieges in gemeinsamer Arbeit in diesem Haus entstanden ist, in seiner Finanzierung in Frage zu stellen.

Jetzt kommen der Bundesrat und der Nationalrat mit einer Lösung für die Arbeitslosenversicherung daher, die beileibe nicht so weit geht wie das Finanzierungsmodell bei der AHV, die sich dem aber ein bisschen annähert. Dagegen erhebt sich eine so grundlegende und starke Opposition.

Beachten Sie bitte das politische Umfeld! Es ist - absolut korrekt - gesagt worden: Damals, 1994, hat man gesagt, eine Solidaritätsleistung der besser Verdienenden sei nötig, und diese sei erbracht worden.
Aber in der Zwischenzeit ist noch etwas anderes geschehen: Diese besser Verdienenden sind teilweise zu "Top-Verdienenden" geworden, die in der Ringier-Sprache neuerdings bloss noch Abzocker heissen. Und in dieser angeheizten Diskussion kommen wir daher und sagen, es sei nicht zumutbar, diese Ausnahmesituation zum Normalfall zu machen.

Ich möchte Sie bitten, all das zu bedenken. Wenn ich meine Einkommensverhältnisse anschaue, müsste ich da vermutlich auch noch ein Zusatzprozent bezahlen; das ist in Ordnung.

Ich bin gerne bereit, das zu bezahlen, als Entschädigung dafür, dass ich das unerhörte Glück haben durfte, nie arbeitslos zu sein. Ich bitte Sie, der Minderheit zuzustimmen.

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