Ständerat: Herbstsession 2006, 02.10.06

Interpellation Leuenberger Ernst. Schwerverkehrskontrollen für mehr Sicherheit im Verkehr. Resultate

Ernst Leuenberger fragt den Bundesrat, was er angesichts der erschreckenden Befundee gegen solche Wettbewerbsverzerrungen durch strafbares Verhalten im Strassengütertransport zu tun gedenkt? Muss mehr kontrolliert werden? Müssen Bussen und Sanktionen verschärft werden?

Leuenberger Ernst (S, SO): Meines Wissens ist in der Interpellationsantwort zum ersten Mal schwarz auf weiss publiziert worden, welche Resultate die Schwerverkehrskontrollen auf unseren Schweizer Strassen ergeben haben. Die Resultate - ich hoffe, Sie hatten Gelegenheit, sie schnell anzuschauen - sind für mich erschreckend, ja aufwühlend. Denn es heisst im Klartext, dass praktisch jeder vierte Camion in der Kontrolle hängen bleibt, dass bei jedem vierten Camion eine Strafe ausgefällt wird. Das ist, meine ich, so einfach nicht hinzunehmen. Sehen Sie sich doch bitte die leicht verschlüsselt dargestellten Kontrollresultate genau an: Im Jahre 2005 sind 100 000 Fahrzeuge kontrolliert worden, bei 22 600 war eine Beanstandung fällig, die zu einer Strafe geführt hat. In absoluten Zahlen, heisst es weiter, genügten etwa 4700 Fahrzeuge den technischen Anforderungen nicht, und es wurden Strafen ausgefällt. Über 3200 Fahrzeuge waren überladen, und es wurden Strafen ausgefällt. In 5400 Fällen wurden die Arbeits- und Ruhezeiten nicht eingehalten, und es wurden Strafen ausgefällt. 400 Lenker wurden in angetrunkenem Zustand angetroffen und wurden bestraft. Das ist, zusammengefasst, im Wesentlichen das Resultat, das ich für erschreckend halte.
Leider ist der Bund nicht in der Lage, eine weitere Frage zu beantworten, nämlich jene, wie viele Fahrzeuge heute mit Ausnahmebewilligung in Bezug auf das Nacht- und Sonntagsfahrverbot unterwegs sind. Offenbar muss ich bei den Kantonen nachfragen gehen, wie viele Bewilligungen sie ausgestellt haben. Aber vielleicht mache ich einmal ein Postulat, mit dem der Bund beauftragt wird, diese Geschichte auch noch zu erheben.
Ich habe ausdrücklich nicht nach den Geschwindigkeitsüberschreitungen gefragt. Ich habe allerdings in den letzten Tagen Zuschriften erhalten, die mir zeigen, dass etliche PW-Fahrer Geschwindigkeitsübertretungen seitens der Camionfahrer für ein Problem halten und sie als Sicherheitsrisiko einstufen.
Nicht schlecht gestaunt habe ich gestern, als ich wieder einmal entgegen meinem oft gefassten Vorsatz die Sonntagspresse durchgegangen bin und dort dann plötzlich Resultate angetroffen habe, die hier in der Antwort nicht enthalten sind. Ich muss jetzt einmal sagen, was ich dort in der Zeitung gelesen habe. Die Urner Polizei hat offenbar die Halbjahresresultate ihrer Kontrollen aus dem ersten Halbjahr 2006 publiziert. Das tönt dann ungefähr so: 15 000 kontrollierte Fahrzeuge; 36 Prozent oder 5000 davon waren überladen; 29 Prozent oder über 4000 wiesen technische Mängel auf; 10 Prozent oder rund 1500 verstiessen gegen die Arbeits- und Ruhezeitvorschriften - und damit wir mal wissen, was das bedeutet: Verstösse gegen die Arbeits- und Ruhezeitvorschriften haben sehr oft zur Folge, dass da Menschen am Steuer sitzen, die am Rande ihrer Leistungsfähigkeit sind, weil sie schlicht übermüdet sind. Schlimm scheint mir, dass der Urner Polizeichef mit der Aussage zitiert wird, dass die Zahl der Verstösse über die Jahre hinweg konstant geblieben sei - als ob all diese Kontrollen, all die ausgefällten Strafen überhaupt nichts bewirkten. Ich komme aufgrund dieser Verhältnisse auf meine Aussage zurück, dass offensichtlich eine starke Minderheit von Verkehrsteilnehmern im Strassengüterverkehr - ich betone noch einmal: eine starke Minderheit - Wildwestverhältnisse pflegt.
Damit nicht genug, und das hat mein Interesse besonders provoziert: Wiederum in diesem Zeitungsartikel - man soll nicht alles glauben, was dort steht, aber immerhin, ich frage mal an, ob jemand da Näheres darüber weiss, weil es mir in 24 Stunden nicht gelungen ist, etwas zu erfahren - werden zwei Studien zitiert, eine Studie einer Firma Progtrans in Basel und eine Studie einer Firma Herry Consult in Wien. Diese würden den Schluss zulassen, dass - so es steht dort - durch drei Übertretungsweisen, nämlich Überschreitung der Lenkzeiten, Überschreitung der Höchstgeschwindigkeiten und Überschreitung des Höchstgewichts, die Transportkosten auf der Strasse um zwischen 22 und 33 Prozent gesenkt werden können.
Das stand gestern in der Zeitung. Falls diese Angaben stimmen sollten, drängt sich die Frage auf, was da zu tun ist, um - ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen - die korrekten Strassentransporteure zu schützen vor Dumpingkonkurrenz, aber selbstverständlich auch, um im Interesse der Verlagerung die Bahn vor solcher Sicherheits- und Sozialdumpingkonkurrenz zu schützen. Man kann sich sogar fragen, ob solche Verhältnisse, wenn sie denn zutreffen sollten, nicht letztlich alle unsere Verlagerungsbestrebungen zunichte machen und zur Farce verkommen lassen.
Die Fragen, die sich mir jetzt stellen und die ich gerne hier dem Bundesrat stellen möchte, falls die letzten Angaben stimmen: Was gedenkt der Bundesrat gegen solche Wettbewerbsverzerrungen durch strafbares Verhalten im Strassengütertransport zu tun? Muss mehr kontrolliert werden? Müssen Bussen und Sanktionen verschärft werden? Drängt sich eine strengere Praxis in der Erteilung und auch im Entzug von Lizenzen auf? Muss die Nullpromillegrenze für die Camionneure subito eingeführt werden? Muss das generelle Überholverbot für Camions verordnet werden? Und letzte Frage: Gedenkt der Bundesrat, diese Kontrollresultate künftig jährlich zu publizieren? Ich würde gerne darum bitten.

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