![]() |
||
![]() |
||
![]() Ständerat: Frühlingssession, 20. März 2002 Dringliche Interpellation
Schmid Carlo. Gotthard. Aufhebung der Dosierungsmassnahmen Ganze Dabatte zu diesem Geschäft Leuenberger Ernst (S, SO): ): Auch wenn Herr Carlo Schmid für seine Verhältnisse jetzt sehr "cool" gesprochen hat, ist sein Ziel schriftlich festgehalten, liegt auf dem Tisch des Hauses und heisst "Aufhebung der Dosierungsmassnahmen". Der Zufall will es, dass genau vor vier Wochen die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen dieses Rates Anhörungen zu diesem Thema durchgeführt hat und insbesondere - neben dem Bundesrat und dem Bundesamt für Strassen -, namentlich die politisch verantwortlichen Regierungsräte aus den drei hauptbetroffenen Kantonen des Alpendurchgangs angehört hat: den Tessiner, den Bündner und den Urner Verantwortlichen. Ich nehme vorweg, dass man sich zuletzt in der Kommission mehr oder weniger auf die Formel geeinigt hat: Das Dosierungskonzept ist die am wenigsten schlechte Massnahme. Die Optimisten haben gesagt, es sei im Moment die bestmögliche Massnahme, auch wenn sie selbstverständlich immer verbesserungsfähig sei. Die ausdrückliche Frage, ob denn jemand die Verantwortung für die Rückkehr zum Zustand vor dem schrecklichen Unfall im Oktober 2001 übernehmen möchte, ist von keinem Mitglied der Kommission dergestalt beantwortet worden, dass jemand diese Verantwortung hätte übernehmen mögen. Man darf schlussendlich die Frage auch hier stellen: Ist jemand, der sich zu den seriösen Stützen auch der Verkehrspolitik in diesem Lande zählt, heute bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass das System wieder eingeführt wird, wie es vor dem Unfall vom Oktober 2001 bestanden hat? Ich muss Ihnen sagen: Alles, was ich bisher zu dieser Frage gehört habe, hat mir eigentlich Anlass zur Annahme gegeben, dass sich dieser Verantwortliche nicht finden lässt. Es sind mir bei diesen Anhörungen der Kantonsvertreter einige Dinge aufgefallen, die mich inzwischen sehr beschäftigen, auch wenn ich diese damals gemachten Äusserungen in Relation zu dem setze, was uns teilweise die Tagespolitik oder die Tagespresse serviert. So sagte beispielsweise der politisch Verantwortliche, der zuständige Staatsrat aus dem Tessin, er finde, dass der Bundesrat mit seinem Konzept von täglich etwa 3500 bis 3700 LKW sehr hoch liege. Er selbst würde aus Tessiner Sicht eine Menge von 3000 bis 3200 LKW am Gotthard eigentlich als die optimale obere Grenze anschauen. Das korrespondiert eigenartig mit der jetzt erhobenen Forderung: Subito Aufhebung der Dosierungsmassnahmen! Ich denke, der Bundesrat sollte und kann diesem Wunsch nicht nachgeben. Ich sage es noch einmal: Er wurde heute sehr sachlich vorgetragen; im Nationalrat wird er morgen vermutlich etwas lauter vorgetragen werden. Ich möchte Herrn Carlo Schmid aber bei Folgendem hundertprozentig unterstützen. Er hat fast gebetsartig zum Bundesrat gesprochen: Gib mir nicht das tägliche Brot, aber eine Eisenbahn, die in die Bresche springen und die ihren Beitrag an das von uns politisch definierte Ziel der Verkehrsverlagerung leisten kann. Zwar haben wir den ersten Verlagerungsbericht des Bundesrates noch nicht erhalten. Wir warten mit Interesse darauf und werden dann sicher in den Kommissionen und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch im Plenum dieses Rates wieder darüber diskutieren. Aber eines wissen wir, das muss man der Ehrlichkeit halber sagen: In der Sichtweise der Leute, vor allem auch der Anwohnenden findet die Verlagerung nicht genügend statt. Die Bahnen selber sagen ja, sie hätten noch freie Kapazitäten. In diesem Zusammenhang gibt es eine Reihe von sehr ernsthaften Fragen zu erörtern, mit dem Bundesrat, zwischen dem Bundesrat und den Bahnen und vermutlich im Zusammenhang mit der Leistungsvereinbarung zwischen Bund und SBB und vielleicht auch bei der Bahnreform zwischen dem Parlament, dem Bundesrat und den Bahnen. Eine Geschichte, die mir auffällt, ist folgende: Das letzte publizierte
Finanzergebnis der SBB ist jenes des Jahres 2000; jenes von 2001 ist
noch nicht publiziert, ich kenne es auch noch nicht. Dieses Finanzergebnis
des Jahres 2000 hat uns etwas gezeigt, was uns im Zusammenhang mit der
Verlagerungspolitik grosse Sorge bereiten muss: Es hat damals ergeben
- die Infrastruktur muss ja nach den entsprechenden Weisungen der Politik
null auf null aufgehen -, dass der Personenverkehr einen gewissen Gewinn
in der Grössenordnung von 60 Millionen Franken gemacht hat. Der Güterverkehr
hat trotz einer extremen Auslastung, trotz enormen Zunahmezahlen bei
der Tonnage und auch bei den Tonnenkilometern einen Verlust von rund
60 Millionen Franken produziert. Ein dritter Punkt, den ich gerne ansprechen möchte - und da habe ich vermutlich wieder eine Differenz zu Herrn Schmid; ich bin zwar gar nicht so sicher -, ist diese ganze Geschichte der Kontrollen. Wenn die Medien etwas genüsslich, das gebe ich zu, solche Einzelfälle ans Tageslicht zerren, wo irgendjemand fehlbar geworden ist, dann will ich es hier als 150-prozentiger Eisenbahner bekennen: Das Gros der lastwagenfahrenden Chauffeure sind sehr seriöse, sehr ernsthafte, sehr hart arbeitende Menschen, die mit Berufsstolz und auch mit einem Berufsethos an ihre Arbeit herangehen. Das ändert nichts daran, dass gerade im Interesse dieser grossen Zahl der seriösen, der ernsthaft arbeitenden Lastwagenchauffeure die Kontrollen verstärkt werden müssen, damit die schwarzen Schafe wirklich im Sinne von Herrn Escher den Wölfen vorgeworfen werden können. Wir können es uns nicht leisten, dass da Sicherheitsrisiken zirkulieren, und ich bin überzeugt davon, dass es sich der Bundesrat durchaus auch im Einvernehmen mit dieser übergrossen Mehrheit der seriösen Fahrenden leisten kann, den Kantonen noch etwas Dampf zu machen, damit diese Kontrollen auch verstärkt werden. Es geht nicht nur um den Konsum von irgendwelchen Betäubungsmitteln wie Alkohol, es geht auch um die ganze Geschichte der Ruhezeiten. Selbst wir sind nach zwölfstündigem Arbeitstag gelegentlich nicht mehr voll einsatzfähig. In dieser Hinsicht - falls je ein "runder Tisch", wie ihn Herr Schmid anregt, zustande kommen sollte - wäre es sehr wichtig, dass dann durchaus auch die Arbeitnehmenden an diesem "runden Tisch" Platz fänden, weil - das will ich hier öffentlich beklagen - es bisher der von Herrn Schmid geleiteten Vereinigung Astag noch nicht gelungen ist, flächendeckend, schweizweit, geordnete und vertraglich geregelte Arbeitsbeziehungen zu schaffen. Wir haben vor kurzem, vor dem 3. März, in jeder Wirtsstube gehört, wie wichtig die Sozialpartnerbeziehungen seien. Damals hat man über die gesetzliche Regelung von Arbeitszeiten gestritten, und Sie haben mit einem gewissen Recht gesagt, das sei nicht Sache des Gesetzes, sondern solche Dinge seien in den Verträgen zu regeln. Wohlan, Herr Kollega Schmid, ich würde mich darüber freuen - ich wäre dann nicht Ihr Partner, denn meine Leute fahren auf Schienen -, eines Tages in der einschlägigen Presse zu lesen, dass die Astag mit den schweizerischen Personalverbänden der Chauffeure am Tisch sitzt und vertragliche Regelungen vereinbart, durchaus im Sinne des Schutzes der seriösen, der ernsthaft arbeitenden Lastwagenfahrer. Ich schliesse damit, dass ich den Bundesrat bitte, sich nach allem, was wir aus den betroffenen Kantonen hören, heute nicht dazu drängen zu lassen, das Dosierungskonzept vorzeitig aufzuheben. |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
|
![]() |
![]() |
![]() |