
Ständerat:
Wintersession 2005, 01.12.05
Obligationenrecht.
Revision. GmbH sowie Revisionsrecht
Ernst
Leuenberger kämpft für das Bundespersonal und warnt BR Blocher
(de facto Chef des Bundespersonals) es gezielt zum Bruch mit dem Bundespersonal
kommen zu
lassen.
Leuenberger
Ernst (S, SO): Die Tatsache, dass ich da als Kommissionssuppleant einen
Minderheitsantrag zu stellen wage, hat nicht nur den materiellen Grund,
den Herr Inderkum in der Kontroverse soeben dargelegt hat, sondern es
gibt auch eine Reihe formeller und verfahrensrechtlicher Gründe.
Ich bitte Sie, sich vielleicht einen Augenblick diese Fahne vor Augen
zu halten und dabei in Betracht zu ziehen, dass es da irgendwann eine
Botschaft gab; sie datiert offenbar aus dem Jahr 2001. Die wird dann
im Parlament beraten, und dann lesen Sie auf Ihrer Fahne weiter "Neue
Anträge des Bundesrates vom 23. Juni 2004". Das steht da,
und dann kommen eine Reihe von neuen Anträgen des Bundesrates.
Soweit ich das überblicke, erfolgten diese Anträge ohne ausführliche
Botschaft. Ich habe den leisen Verdacht, dass die längeren Erklärungen
und Interpretationen, die Herr Bundesrat Blocher soeben auf Fragen des
Kommissionssprechers, Herrn Inderkum, gegeben hat, auch damit zusammenhängen,
dass Dinge, die eigentlich in einer Botschaft erklärt werden sollten,
halt vor dem Plenum des Parlamentes ausgebreitet werden müssen,
weil keine Botschaft vorliegt. National- und Ständerat behandeln
dann diese neuen Anträge des Bundesrates, kommen da zu ihren Schlüssen,
und zum Teil endet diese Beratung ohne Differenzen, so bei Artikel 34.
Nach allen Regeln der Kunst und namentlich nach den Regeln des Parlamentsgesetzes,
ist ein Gegenstand, wenn zwischen den beiden Räten keine Differenzen
mehr bestehen, nicht mehr in der Beratung; es gibt gewisse Ausnahmeerscheinungen.
Dies ist eine Revision, die bereits am 23. Juni 2004 durch neue Anträge
des Bundesrates revidiert worden ist, und damit dieses Revisionsrad
auch richtig am Rollen bleibt, folgten am 17. August 2005 noch einmal
neue Anträge des Bundesrates, offenbar erneut ohne Botschaft. In
diesem Artikel 34, ich komme dann auf die materielle Geschichte noch
zurück, ändert man nun einige Dinge, obschon beide Kammern
sich eigentlich einig waren, den ersten neuen Anträgen des Bundesrates
zugestimmt zu haben.
Ich muss Ihnen sagen, unser Zweikammersystem funktioniert ja immer auf
der Basis dieses Hin und Her, und wir sind darauf angewiesen, dass überall
dort, wo keine Differenzen bestehen, nicht neue geschaffen werden. Wir
sind nun offenbar Zeugen davon geworden, dass nicht mehr die Kammern
Differenzen schaffen, sondern dass der Bundesrat durch neue Anträge
Differenzen schafft. Das ist institutionell vielleicht schon einmal
ein bisschen grundsätzlich anzuschauen.
Ich habe auch gehört, dass Herr Bundesrat Blocher gelegentlich
sagt: Ja, da hat es einen Regierungswechsel gegeben. Das mag ja sein,
obwohl das in unserer Verfassung nicht vorgesehen ist. Wenn es, auch
nach Ansicht einer Mehrheit des Parlamentes, so sein sollte, dann würde
ich sehr dafür plädieren, dass wir in unser Parlamentsgesetz
hineinschreiben, wie es alle parlamentarischen Demokratien tun, dass
alle Vorlagen, die am Ende einer Legislatur nicht verabschiedet sind,
aus Abschied und Traktanden fallen. Dann kann die Regierung - falls
es eine neue sein sollte, wäre es dann halt die neue, und wenn
es die alte ist, ist es die alte - ihre Vorschläge neu ins Parlament
einbringen. Dann haben wir ein Verfahren, dass diesen Namen einigermassen
verdient.
Ich bin ungehalten darüber, dass in einer Revision eine Revision
und dann auch noch eine Revision dieser Revision vorgenommen wird. Offenbar
haben da die Kommissionen beider Räte mitgespielt. Ich möchte
aber ganz klar festgehalten haben: Das darf in diesem Haus nicht zur
Regel werden, weil wir damit letztlich aus einem Zweikammersystem ein
Dreikammersystem machen. Das bräuchte dann noch ganz andere Differenzbereinigungsmechanismen.
Das gebe ich mal zu Protokoll. Ich nehme an, dass jene, die den Institutionen
mit grosser Sorgfalt begegnen - und ich hoffe, in diesem Rat hat es
einige davon -, das ernst nehmen und in Zukunft mit dem Bundesrat etwas
strenger sind, wenn er die Revision der Revision revidieren möchte.
Das ist ein Revisionismus, vor dem mir graust.
Nun noch zwei Sätze zum Materiellen: Der Bundesrat hat damals,
bei seinen ersten neuen Anträgen, geschrieben, das Personal dieser
Aufsichtsbehörde sei öffentlich-rechtlich anzustellen. Das
war absolut normal, denn der Bund hat ein Bundespersonalgesetz, und
sein Personal sowie das Personal der direkt von ihm abhängigen
Anstalten und Betriebe und der ihm gehörenden Unternehmungen -
ich erinnere an die SBB und die Post - ist nach diesem Bundespersonalgesetz
angestellt, und zwar öffentlich-rechtlich. Das ist damals in Ablösung
des Beamtengesetzes von den Kammern so beschlossen worden. Dieses Bundespersonalgesetz
hat einen Referendumskampf überstanden, in dem vonseiten der Befürworter
des Bundespersonalgesetzes, d. h. dieser Lockerung des Beamtenstatuts,
ganz klare Zusicherungen gemacht und Erklärungen abgegeben worden
sind: Das Bundespersonal ist öffentlich-rechtlich angestellt.
Und man hat auch gesagt, die nötige Flexibilität - und es
braucht Flexibilität in jedem Betrieb, in jeder Verwaltung - ist
durch dieses Bundespersonalgesetz gewährleistet.
Wenn nun die neu-neuen Anträge des Bundesrates vom 17. August 2005
kommen und darin lapidar festgehalten ist, dass die Aufsichtsbehörde
ihr Personal privatrechtlich anstellt, und das im Nationalrat spielend
durchgeht - dort scheint es keine Gewerkschafter mehr zu haben, die
hocken inzwischen alle im Ständerat; wir müssen das vermutlich
wieder ändern -, dann wundert mich das sehr. Ich gebe Ihnen aus
Gründen der Versöhnlichkeit zu, dass ich nicht annehme - und
der Bundesrat wird dann Gelegenheit haben, mich zu beruhigen, damit
ich beruhigt ins Wochenende fahren kann -, dass der Bundesrat mit diesem
Einzelfall hier eine neue Praxis begründen und dann sagen will:
Wir erodieren jetzt dieses Bundespersonalgesetz da und dort. Denn als
Begründung für diesen Schritt habe ich bisher zweierlei gehört.
Eine Begründung lautet: Wir brauchen noch mehr Flexibilität,
als sie das Bundespersonalgesetz gewährt. Das könnte in einem
speziellen Fall ja sein. Bei der zweiten Begründung - und das ist
viel entscheidender - hat man argumentiert: Weil diese Stelle weitestgehend
durch Abgaben der Kontrollierten finanziert ist, ist es eigentlich naheliegend,
dass man keine öffentlich-rechtliche Anstellung macht, sondern
eine privatrechtliche. Da liegt der Hase im Pfeffer aus meiner Sicht.
Schauen Sie mal diese Bundesverwaltung an! Wenn das das Kriterium werden
sollte, dann kann ich Ihnen hier im Nu ein Dutzend Institutionen aufzählen,
wo man mit der genau gleichen Begründung das Bundespersonalgesetz
wegputzen könnte. Denken Sie an all jene Bundesämter beispielsweise,
die Aufsichtsfunktionen haben und die für ihre Aufsichtstätigkeit
Gebühren oder Entschädigungen erheben können. Da können
Sie aus Bereichen, die ich etwas kenne, zum Beispiel das Bundesamt für
Verkehr nehmen, Sie können das Bundesamt für Zivilluftfahrt
nehmen, Sie können das Bundesamt für Privatversicherungen
nehmen, Sie können die Bankenkommission nehmen, die Wettbewerbskommission,
und jetzt merken Sie, worum es mir überhaupt geht.
Ich habe einmal gelernt, dass am Anfang von Dammbrüchen immer Haarrisse
im Damm stehen. Und sobald man einen Haarriss im Damm entdeckt, kommen
die Ingenieure und sagen: Aufpassen! Sofort aufhören mit dem Bohren
am Rawil seinerzeit, weil da oben in einer Staumauer ein Haarriss entdeckt
worden ist! Und ich möchte vermeiden, dass mit der widerstandslosen
Beschlussfassung zu diesem Artikel 34 Absatz 1 ein solcher Haarriss
erzeugt wird, der dann zu einem Dammbruch führen soll.
Herr Bundesrat Blocher, Sie sind ja in letzter Zeit de facto als Chef
des Bundespersonals aufgetreten. Ich nehme nicht an, dass Sie es wirklich
zum Bruch mit dem Bundespersonal kommen lassen möchten, indem Sie
diese relativ bescheidene Errungenschaft des Bundespersonalgesetzes
via Haarriss und dann Dammbruch auch noch wegorganisieren. Das ist mein
zweites Motiv, diesen Minderheitsantrag gestellt zu haben.
Ich erinnere diesen Ständerat immerhin daran, dass Artikel 34 Absatz
1 am 15. Juni 2005 in diesem Rat ohne Diskussion beschlossen worden
ist. Dafür muss es ja auch Gründe gegeben haben. Ich bitte
Sie deshalb, an diesem klugen Beschluss vom 15. Juni 2005 festzuhalten.
Ferner bitte ich dringend darum, dass wir alle in den parlamentarischen
Kommissionen, in der Regie des Parlaments mit dem Bundesrat - bei seiner
"Revisionitis" - etwas strenger umgehen und ihn daran erinnern,
dass das, was einmal beschlossen worden ist, ohne Differenzen, eigentlich
so halten sollte.
Schweiger
Rolf (RL, ZG): Ich spreche hier in meiner Eigenschaft als Präsident
der Kommission für Rechtsfragen, der zwar in diesem Geschäft
nicht Berichterstatter ist; aber ich spreche aus der Position desjenigen,
der für die formale Abwicklung der Geschäfte der Kommission
für Rechtsfragen verantwortlich ist.
Zuerst zu einem formalen Punkt: Es war so, dass Herr Bundesrat Blocher
unsere Kommission angefragt hat, ob wir es als möglich und tunlich
erachten, dass einzelne neue Anträge vom Bundesrat eingebracht
werden. Unsere Kommission hat diese Frage diskutiert und dann nach meiner
Erinnerung den Bundesrat schriftlich orientiert, dass wir damit einverstanden
sind und eine kurze Botschaft des Bundesrates erwarten. Diese Unterlagen
sind unserer Kommission zugekommen. Wir waren uns somit insbesondere
klar darüber, dass uns der Bundesrat als Gesamtgremium diese Vorschläge
unterbreitet. Ob wir damit einer neuen Praxis Vorschub geleistet haben,
kann erst die Zukunft weisen; ich glaube es aber nicht.
Die gewisse Schnelllebigkeit vor allem in Bereichen, die international
im Fluss sind - und die Aufsichtstätigkeit über Revisionsgesellschaften
entspricht einer solchen Entwicklung -, bedingt manchmal, dass Gesetze,
die in Beratung sind, den neuesten Gegebenheiten angepasst werden müssen.
Wir erachteten das in diesem Zusammenhang bei den Vorschlägen,
die gemacht wurden, als gegeben.
Eine kurze materielle Stellungnahme: Unsere Kommission war sich durchaus
bewusst, dass mit dem Antrag des Bundesrates hinsichtlich der privatrechtlichen
bzw. öffentlich-rechtlichen Anstellung des Personals auch Präzedenzfälle
geschaffen werden könnten.
Wir haben deshalb besonderen Wert darauf gelegt, diese Frage zu klären
und zu wissen, was im speziellen Fall der Anlass war, vom ordentlichen
Weg der öffentlich-rechtlichen Anstellung abzuweichen. Immer aus
meiner Erinnerung gesagt, war es so, dass uns glaubwürdig und auch
nachfühlbar und durch die Fakten erwiesen dargetan werden konnte,
dass diese Aufsichtsstelle über die Revisionsgesellschaften am
Anfang eine grosse Fülle von Aufgaben zu bewältigen habe.
Das ist deshalb der Fall, weil alle bisher tätigen Revisionsgesellschaften
dem neuen Gesetz unterstellt werden und damit gewisse Abklärungsfragen
bei diesen Gesellschaften, auch im Zusammenhang mit der Erteilung gewisser
Bewilligungen, anlässlich werden. Wenn einmal dieses Durchkämmen
sämtlicher Revisionsgesellschaften vorbei ist - diese Zeit ist
nicht allzu lang -, wird die Aufsichtsstelle über die Revisionsgesellschaft
die jeweils laufenden Geschäfte zu tätigen haben. Der anfänglich
benötigte Berg von Personal wird dann auf eine gewisse, auf eine
längere Zeitspanne ausgerichtete Zahl sinken. Wenn wir einer privatrechtlichen
Anstellung zugestimmt haben, dann meines Erachtens deshalb - und nur
deshalb -, weil diese Temporalität der Anstellungsverhältnisse,
dieses kurzfristige Erfordernis von relativ vielen Leuten, die sachliche
Begründung dafür gab, dass hier von einem öffentlich-rechtlichen
Anstellungsverhältnis abgewichen werden konnte und dies möglicherweise
auch im Interesse derjenigen liegt, die gerade wegen des Umstandes,
dass sie nur eine kurze Zeit angestellt sein werden, in dieser Hinsicht
eine andere Position haben, als wenn eine öffentlich-rechtliche
Anstellung erfolgen würde.
Das meine Ausführungen in meiner Eigenschaft als ehemaliger Präsident
der Kommission für Rechtsfragen, der im fraglichen Zeitpunkt aber
noch derjenige war, der verantwortlich war.
Das
ganze Geschäft
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