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![]() Ständerat: Frühjahrsession 2001; 14.03.01 Schuldenbremse Ganze Dabatte zu diesem Geschäft Leuenberger Ernst (S, SO): Ich soll zu etwas Unschönem sprechen. Lassen Sie mich das schöne Wetter im Tessin rühmen, damit ich einmal etwas zu etwas Schönem sagen kann! Worum geht es bei diesem kurzen Scharmützel, das wir hier abhalten? Sollte also der ganz verrückte und hoffentlich nie eintretende Fall Wirklichkeit werden, dass ein Fehlbetrag von 6 Prozent entstanden ist, dann sollen, so wird beschrieben, gewisse Mechanismen zum Zuge kommen, damit man wieder ins Gleichgewicht kommen könnte. Die eidgenössischen Räte hätten Beschlüsse zu fassen, und bei der Fassung dieser Beschlüsse kommt in Artikel 24e Absatz 3 eine ganz besondere Vorschrift zur Geltung: Es heisst, in diesem Fall wäre die Bundesversammlung punkto Betrag an den Betrag der Sparvorhaben des Bundesrates gebunden. Wir haben uns also damit auseinanderzusetzen, dass das Parlament einen Beschluss fassen könnte, der aber nicht vom Antrag des Bundesrates abweichen dürfte. Das heisst de facto: Das Parlament hätte bloss etwas abzusegnen, was der Bundesrat in seiner Weisheit bereits beschlossen hätte. Da wäre es vermutlich ehrlicher, von vornherein festzustellen, in diesem speziellen Fall sei die Budgetkompetenz des Parlamentes ausser Kraft gesetzt und der Bundesrat entscheide im Vollmachtenregime. Eigentlich hatte ich die leise Hoffnung, als ich heute Herrn Schmid Carlo zugehört habe, er würde mir die Begründung meines Minderheitsantrages abnehmen; er hat allerdings in letzter Minute die Kurve erwischt und gesagt, das sei eben Notstandsrecht und Notstandsrecht sei eben in der Regel unschön. Ich würde hier mal sagen: Herr Bundesrat, Sie waren sehr, sehr erfolgreich, als Sie damals, als Sie den "runden Tisch" zusammengerufen haben, etwas politisch Gewagtes, aber sehr Kluges gemacht haben. Sie haben die Politikerinnen und Politiker, die Parteien, die Verbände und auch die Kantone an einen Tisch gebeten und mit ihnen gemeinsam in sehr hartem Ringen, in harter Arbeit das zustande gebracht, was dann als Stabilisierungsprogramm seine Wirkung entfalten konnte. Das war ein politischer Akt von hoher Qualität, und auch wenn ich jetzt keine Abschiedslaudatio halten werde, so hoffe ich, dass derjenige, der das dereinst tun wird, diese politische Leistung hoch gewichtet. Genau auf dieser Schiene möchte ich fahren: Wenn es denn notwendig werden sollte, dass ausserordentliche Massnahmen angezeigt sind, dann wünsche ich mir, dass in diesem hoffentlich seltenen Moment die Eidgenossenschaft einen Finanzminister hat, der die politische Kraft, das politische Gewicht hat, um die Leute an einen runden Tisch zusammenzurufen und den Leuten dort die entsprechenden politischen Massnahmen schmackhaft zu machen, sodass in gemeinsamer Arbeit, mit etwas Bauchweh und Unwohlsein dann diese Massnahmen auch durchgesetzt werden können. Aber zu dieser verfassungsrechtlich äussert bedenklichen Übung - das Parlament hat dann zu beschliessen, und es hat genau das zu beschliessen, was der Bundesrat vorschlägt und nichts anderes - muss ich Ihnen gestehen, Herr Bundesrat: Als ehemaliger Parlamentspräsident kann ich mir, obwohl ich bezüglich Phantasie nicht der Unbegabteste bin, nicht vorstellen, dass ich den Leuten vor einer Abstimmung sagen müsste: "Sie haben jetzt abzustimmen, falls Sie nicht so stimmen, wie der Bundesrat das beantragt, dann ...." - ja, was täte ich dann? Müsste ich dann den Beschluss für ungültig erklären? Was täte ich dann? Ich hätte es vorgezogen, es hätten die Kronjuristen des Hauses zu dieser Frage Stellung genommen. Herr Pfisterer hat sich etwas elegant aus der Affäre gestohlen, indem er praktisch sagte, es könnte dann sein, dass wir diese Bestimmung verletzen müssten, dem Bundesrat nicht folgen würden, und dafür würden wir dann politische Kritik einheimsen. Die Tatbestandsbeschreibung trifft zu, die stimmt, aber politisch kann das natürlich nicht angehen, weil wir normalerweise dem Vorwurf ausgesetzt sind, dass die in Bern - jetzt in Lugano - ohnehin tun, was sie wollen. Wir können uns eine programmierte, eine einkalkulierte Gesetzesverletzung schlicht nicht leisten. Deshalb ist es besser, wir schaffen keine Gesetze, die im allerschlimmsten Fall gar nicht einzuhalten sind. Ich muss Ihnen offen gestehen, dass die Streichung dieses letzten halben Satzes nicht meine Erfindung ist. Die Staatspolitische Kommission hat das in ihrem Mitbericht angeregt und beantragt. Ich habe dann in der Finanzkommission den Antrag aufgenommen, bin leider etwas einsam geblieben mit diesem Antrag und hoffe, dass jetzt aus der Staatspolitischen Kommission vielleicht doch noch das eine oder andere Argument beigefügt wird. Generell muss ich Ihnen zur ganzen Übung noch etwas Hochpolitisches sagen. Dieses Notrecht, das hier mit der Berufung auf das Volk ins Auge gefasst wird, diese Figur, quält mich ausserordentlich. Nach zehn Jahren politisch organisierter Verleumdung der Behörden in Form von Frontalkritik an der Classe politique - das meint immer die anderen, nämlich die Behörden -, kommt man plötzlich daher und sagt, das Parlament sei nicht in der Lage, den Finanzhaushalt in Ordnung zu bringen. Wir müssen jetzt einerseits Mechanismen einführen, Zwangsjacken einführen, weil das Parlament nicht das tut, was es tun sollte - eben: Classe politique, die da irgendwo "herumheut" -, und andererseits durch ein Vollmachtenregime mitten im tiefsten Frieden dem Bundesrat Kompetenzen geben, die ihm nicht zustehen, nicht zustehen können, ja nicht zustehen dürfen in einem Rechtsstaat, und in einer Demokratie schon gar nicht. Mich quält diese Figur, dass letztendlich die Verleumder des politischen Systems in diesem Lande plötzlich Recht erhalten sollen nach zehn Jahren intensiver Verleumdungsarbeit, und zwar dadurch, dass wir solche Vollmachtenbeschlüsse ohne Not, sage ich, fassen. Vielleicht noch etwas, nachdem ich Sie gelobt habe, Herr Bundesrat: Ich habe gelitten, als Sie auf einen "Feierabend-Luxus-Whiskytrinker" angespielt und ihn mit der Ausgabenpolitik des Parlamentes verglichen haben. Es ist jetzt boshaft, was ich sage: Ich habe noch nie auf Bundeskosten Whisky getrunken, und ich habe noch nie irgendwelche phantasiebegabten Phantasten als Verwaltungsräte von Bundesbetrieben eingesetzt, die eine Viertelmillion Franken - und jeder dritte SBB-Franken ist ein Bundesfranken - mit der offensichtlichen Billigung des Bundesrates garniert haben! Das als boshafte Schlussbemerkung. Ich bitte Sie, dem Antrag der Minderheit zuzustimmen. |
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