Ständerat: Frühjahrsession 2001; 08.03.01

Sonntags-Initiative. Volksinitiative

Ganze Dabatte zu diesem Geschäft

Leuenberger Ernst (S, SO): Wir sind im Begriff, eine Volksinitiative zu prüfen. Sie erinnern sich daran, dass die meisten von uns vor dem Volk dafür gekämpft haben, dass Parlament und Regierung das Recht haben, eine Volksinitiative zu prüfen. Initiativen, namentlich Volksinitiativen, sind ein Anregungsmittel. Das Volk soll die Gelegenheit haben, seine Vorstellungen - auch seine Träume - den Behörden in Form einer Initiative vorzulegen und in anregendem Sinn auf die Behörden und die Verwaltung einzuwirken. Es wäre verfehlt, wenn man solche Vorstellungen, vielleicht auch Träume - vielleicht auch positive Erinnerungen an die Siebzigerjahre: Herr Pfisterer hat davon gesprochen -, und den politischen Wunsch nach der Umsetzung dieser Träume ganz einfach als staatlich verordnete Wohltaten abtäte. Die Bürgerinnen und Bürger könnten theoretisch auch bei dieser Initiative zum Schluss kommen, sie möchten eigentlich einen Sonntag lang motorfahrzeugfrei leben, wie wir es in den Siebzigerjahren gemacht und erlebt haben, mit einigen Schwierigkeiten in der administrativen Umsetzung, gewiss. Diese Vorstellung ist vielleicht ein bisschen traumhaft und vielleicht auch ein klein wenig utopisch; aber das Initiativrecht, dieses tolle Recht in unserer Verfassung, soll ja gerade den träumenden Bürgerinnen und Bürger - und Gott sei Dank gibt es welche, die noch Utopien entwickeln und haben - Gelegenheit geben, ihre Vorstellungen auf den Prüftisch des Hauses zu legen. Ich bin jedenfalls zum Schluss gekommen, dass man diese Initiative unterstützen kann. Ich halte es mit Initiativen immer so, wenn sie einen Vorschlag bringen, der letztendlich das Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger in eine neue Form, in eine neue Phase bringen könnte, einen Vorschlag, der vielleicht einen Beitrag zur Lösung gewaltiger Probleme leisten könnte, obschon in diesem Jahrzehnt das Umweltproblem noch nicht Thema Nummer eins ist. Einige von uns haben erlebt, wie das Umweltproblem in den Achtzigerjahren in aller Leute Munde war. Das kann sich wiederholen. Motorfahrzeugfreie Tage und motorfahrzeugfreie Zonen könnten durchaus einen Beitrag zur Lösung von Klimaproblemen leisten. Daher kann man diese Initiative unterstützen. Wenn ich die Initiantinnen und Initianten vor mir hätte, würde ich ihnen allerdings sagen: Hören Sie genau zu und machen Sie sich auf eine relativ unangenehme Argumentation gefasst. Auf den gegnerischen Plakaten werden Sie die "staatlich verordneten Erlebnistage" finden. Es wird nicht sehr einfach sein, dagegen anzurennen. Ich schliesse mit einem Zitat aus der bundesrätlichen Botschaft, auch wenn mir Herr Bieri die Schau schon gestohlen hat. Da steht doch in Kapitel 7: "Im ausgehenden Jahrtausend will sich die Schweiz gegenüber Europa offen zeigen. Für einen Sonderfall Schweiz hat es keinen Platz mehr." Das hat der Bundesrat geschrieben. Wie Recht er doch letztendlich in der Europafrage hat!

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