Ständerat: Herbstsession 2001

Dringliche Interpellation Lombardi Filippo.
Situation der Swissair

Donnerstag, 04. Oktober 2001

Die ganze Debatte zu diesem Geschäft

Leuenberger Ernst (S, SO): Der Zürcher Regierungspräsident hat gestern gesagt, der Staat sei keine Vollkasko-Versicherung für die Folgen von Missmanagement in privaten Unternehmungen. Wahr gesprochen, zumal es aus Zürich kommt. Aber der Staat ist immer wieder Feuerwehr, und ich bekenne: Ich stehe hinter dem Bundesrat und seinen gestrigen Beschlüssen.
Ich stelle in der Diskussion dieser Interpellation drei Fragen an den Bundesrat und erhoffe mir Antworten:

  1. Der Bundesrat wird zur Kenntnis genommen haben, dass das ganze Volk darauf wartet, dass die Untersuchungen über die Verantwortlichkeiten in jeder Phase dieser ganzen Swissair-Geschichte minutiös geführt werden. Ich möchte wissen, was der Bund für Möglichkeiten hat, um einzuwirken, dass diese Untersuchungen wirklich so geführt werden, dass am Schluss Ross und Reiter mit Namen benannt werden können. Das ist das Mindeste, was die Öffentlichkeit als Anspruch heute stellen kann, vis-à-vis von Leuten, die uns jahrelang mit ihren ökonomischen Weisheiten und Ratschlägen gepiesackt haben.

  2. Es ist dem geneigten Beobachter aufgefallen, dass am Montagabend die Nachricht durchsickerte, der Bundesrat hätte am Wochenende diesen Herren der Bahnhofstrasse - oder wem auch immer - 125 Millionen Franken angeboten. Dieser Betrag sei schnöde zurückgewiesen worden. Wie durch eine unsichtbare Hand gelenkt blieb die Swissair-Flotte am Dienstag am Boden. Und am Mittwoch musste der Bundesrat 450 Millionen Franken beschliessen. Wir haben, Herr Bundesrat, einen Anspruch darauf, jedes Detail in dieser Entwicklungsgeschichte kennen zu lernen. Wie wurden aus diesen abgelehnten 125 Millionen Franken, wo doch die Banken ebenfalls gleichviel hätten dazu legen sollen, plötzlich 450 Millionen Franken? So habe ich bisher keine Nachricht, dass auch die Banken einen gleich grossen Betrag zusätzlich zur Verfügung gestellt haben.

  3. Was gedenkt der Bundesrat zu tun, um den Leuten im Land, insbesondere auch den Beschäftigten, die Angst zu nehmen, es würde nun für die Zeit nach dem 28. Oktober der Bock zum Gärtner bzw. die Böcke zu den Gärtnern gemacht?

Wer heute auf dem Bundesplatz hingehört hat, auch auf die feineren Töne, hat festgestellt, dass weiteste Kreise von abgrundtiefem Misstrauen gegen die neuen Eigentümer dieser Auffang- oder Rettungsgesellschaft richtig beseelt sind. Weiteste Kreise des Personals haben den Eindruck, dass die Herren Suter - ich nenne ihn zuerst -, Ospel und Mühlemann praktisch Gärtner werden könnten, um jetzt kein wüsteres Wort zu gebrauchen.

Was gedenkt der Bundesrat in dieser Situation zu unternehmen, um berechtigten Befürchtungen, die vor wenigen Minuten auch von Herrn Stähelin genannt worden sind, entgegenzutreten? Es wäre ja fatal, wenn man jetzt mit Bundesgeldern überbrücken hilft - ich stehe dazu - und dann eine neue Situation entsteht, die eigentlich von den gleichen Leuten gemanagt werden soll, die im Wesentlichen zu Beginn dieser Woche das Chaos perfekt gemacht haben.

Sie haben wohl das Detail beachtet. Ich rufe nicht nach dem Staat, denn ich will mich davor hüten, den Leuten Hoffnungen zu machen, die dann allenfalls nicht einlösbar sind. Aber ich bin der Überzeugung, dass es fatal wäre, wenn der Bundesrat noch Signale aussenden würde, dass er Leuten Vertrauen schenkt - mindestens zweien davon, beim Dritten wissen wir noch nicht genau, welche Rolle er gespielt hat -, die Anfang dieser Woche zum perfekten Chaos beigetragen haben.

Zum Schluss möchte ich mir eine Feststellung nicht verkneifen: In allen Ländern der Welt werden Verkehrsunternehmungen durch Streiks der Angestellten stillgelegt. In der Schweiz besorgen das die Grossbanken. (Beifall auf der Tribüne)

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