Ständerat: Herbstsession 2006, 13.03.07

NFA. Festlegung der Beiträge
des Ressourcen-, Lasten- und
Härteausgleichs

Finanzausgleich unter den Kantonen tut not, weil die Schere der Steuerbelastungen in diesem Land sich immer mehr öffnet.

Eine Schere öffnet sich in diesem Land bedrohlich; es ist jene der Steuerbelastungen in den reicheren und den weniger reichen Regionen. Der neue Finanzausgleich soll - nach Ausführungen, die ich heute auch wieder gehört habe - ein Mittel sein, um diesen Prozess des Öffnens der Schere mindestens zu bremsen, vielleicht zu stoppen. Die Hoffnung, dass sich die Schere sogar wieder schliessen könnte, haben sogar Optimisten aufgegeben. Ich will Ihnen bekennen, dass ich überall den Anträgen von Kommissionsmehrheit und Bundesrat zustimme. Ich bin für Eintreten. Ich habe in den Kommissionsarbeiten begriffen, dass der parlamentarische Gestaltungsraum bei dieser Vorlage umständehalber recht gering ist, weil es sich hier um ein Werk der Absprache zwischen der Konferenz der Finanzdirektoren der Kantone einerseits und dem Bundesrat, also den eidgenössischen Behörden, andererseits handelt. Diese Absprache ist in weiten Teilen gelungen, aber offenbar nicht voll, wie die Kommissionshearings gezeigt haben, bei welchen wir doch plötzlich die recht kritischen Töne der ressourcenstarken Kantone haben anhören müssen.
Ich hatte zwar die Tendenz, innerlich Jean-Pascal Delamuraz zu zitieren, der gesagt hat, wenn bei ihm zu Hause eine Sammlung stattfinde, würden die Reichen sagen: "On a déjà donné!" Es ist mir nicht gelungen, es so abzutun. Ich habe auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass mindestens in einigen ressourcenstarken Kantonen bei der seinerzeitigen Volksabstimmung Neinmehrheiten herausgekommen sind. In diesem Zusammenhang will ich gerne dem Volk des Standes Zürich ein Kränzchen winden, das damals, wissend, dass da etwas zu bezahlen sein wird, mitgewirkt hat. Ich bin durchaus der Meinung, dass auch die Reichen liebesbedürftig sind und mit Respekt behandelt werden möchten. Aber ich weise darauf hin, dass auch die nehmenden Kantone nicht im Büssergewand des Bettelmönchs im Land herumziehen möchten, sondern als aufrechtgehende Eidgenossen das erhalten möchten, was als eidgenössischer Ausgleich angemessen und sinnvoll ist.
Dieser NFA ist ein Werk des Ausgleichs, sozial und regional. Ich müsste politisch alles vergessen haben, was ich gelernt habe, wenn ich einem solchen Werk des Ausgleichs nicht meine Unterstützung leihen möchte.
Ich muss Ihnen allerdings eines bekennen: Wenn dieses Werk immer wieder befördert worden ist, etwa mit dem Argument, das sei eine der letzten Chancen zur Vermeidung des drohenden, bösen, wüsten Gespenstes der materiellen Steuerharmonisierung, dann sage ich Ihnen offen: Ich bin ein Anhänger der materiellen Steuerharmonisierung, aber ich bin auch ein alternder Realo und ziehe halt diese handlichen Spatzen den schönen weissen Tauben auf den Dächern vor. Aber man kann sich dann bei Philippi durchaus wiedersehen, und wenn dieses Werk nicht gelingen sollte, müsste man halt doch etwas grundsätzlicher - oder, wenn ich das auf Französisch übersetze - etwas radikaler Remedur schaffen.
Ich erlaube mir, auf einzelne Punkte hinzuweisen, die in der allgemeinen Diskussion eine gewisse Rolle spielen. Der eine betrifft das Inkrafttreten: Der Kommissionspräsident hat es betont, und ich stimme ihm voll zu, dass alle Kantone - zumindest die empfangenden - damit rechnen, dass dieses ganze Werk per 1. Januar 2008 in Kraft treten kann. Wir haben jetzt März; wenn alles gut läuft, kann der Nationalrat die Vorlage in der Sommersession behandeln. Dann sind noch allfällige Differenzen auszuräumen, und es gibt noch eine Referendumsfrist. Der Bundesrat wird eingeladen, mindestens etwas dazu zu sagen, was geschähe, wenn .... Denn rein vom technischen Ablauf der Budgetierung her würden die Budgets des Jahres 2008 sowohl beim Bund als auch bei den Kantonen ohne NFA nicht genau gleich aussehen wie hoffentlich mit NFA. Es muss vermutlich irgendeine Rückfallebene geben.
Erschrocken sind Einzelne, als uns in den Hearings die vorbereitenden Instanzen des NFA-Projekts sagten, die letzten, neuesten Zahlen würden dann im Juni kommen. Wir stehen also heute in einem Prozess, und wer mit Prozessen umgeht, weiss, dass sich Prozesse eben entwickeln und ändern. Was wäre denn, wenn im Juni Zahlen kämen, die die Auswirkungen dieses Werks aufgrund der heute vorliegenden Zahlen verändern würden? Politisch wäre das wohl vor allem aufseiten des Nationalrates nicht ganz einfach zu bewältigen. Ich würde es sehr begrüssen, wenn auch dazu
AB 2007 S 128 / BO 2007 E 128
vom Bundesratstisch her einige Ausführungen gemacht würden.
Am letzten Wochenende hat mir die IV-Frage zu schaffen gemacht. Da trudelte am Samstag ein Mail ein, in dem nicht mehr und nicht weniger behauptet wurde, als dass der Invalidenversicherung auf ziemlich verschlungenen Wegen zugunsten des NFA und der Kantone Mittel entzogen werden sollten. Ich habe zurückgemailt, und ich habe mich auch nochmals bei den stets auf Pikett stehenden NFA-Projektleitungsleuten kundig gemacht - ihnen sei Dank dafür, dass sie mir sofort Material geliefert haben. Es ist sicher nützlich, wenn entweder schon beim Eintreten oder dann in der Detailberatung bei diesem Kapitel zu dieser Frage noch einmal Stellung genommen wird. Ich kann sagen: Ich habe bis zur Stunde keine Anhaltspunkte dafür, dass diese polemische Behauptung einen Wahrheitsgehalt hätte; aber es hält sich ja oft nichts so hartnäckig und so lange wie in den Raum gestellte Behauptungen. Ich stehe auch dazu, dass die Kantone bei der Mineralölsteuer ein gewisses Opfer bringen, indem sie zustimmen. Ich stimme da mit der Kommission auch zu, dass man diesen Kantonsanteil von 12 auf 10 Prozent zurücknimmt.
Was mich immer noch plagt - ich will es auch hier nicht verschweigen und dann aufhören -: In der Botschaft wird unter anderem kommentiert, was es zu bedeuten hat, wenn die Finanzkontrolle gewisse Aufgaben erhält, um die Grundlagen und die Unterlagen für die Berechnungen für den Finanzausgleich zu kontrollieren. Dazu steht auf Seite 726 der Botschaft im letzten Satz des obersten Abschnitts: "Es versteht sich aber von selbst, dass diese neue Kompetenz sich nicht auf die materielle Überprüfung der Steuerveranlagung erstreckt." Ich weiss, das ist ein Tabu, da darf niemand reinschauen. Aber nachdem die Steuererhebung in den Kantonen eines der wesentlichen Elemente dieser ganzen Ausgleichsberechnungen ist, frage ich mich einfach, ob es denn so glasklar ist, dass bei einer Kontrolle nicht auch diese Elemente überprüft werden können. Ich kenne die Antwort, und die Frage ist eine rhetorische. Die Antwort wird sein, man habe da externe Büros eingeschaltet, die hätten das alles überprüft. Das wäre ja eine armselige öffentliche Kontrolle, die wir nicht mit unseren Instrumenten, beispielsweise der Finanzkontrolle oder der Steuerverwaltung, wahrnehmen könnten, sondern über externe Büros wahrnehmen müssten! Ich habe die Lösung nicht gefunden, was man gesetzgeberisch anpassen müsste, um meinem Wunsch hier Rechnung zu tragen. Ich habe es dann aufgegeben, aber vielleicht findet sich im Zweitrat ein so kluger Kopf, der noch eine Lösung findet.
Ich beantrage Ihnen Eintreten auf die Vorlage, in allen Fällen Zustimmung zur Kommissionsmehrheit und zum Bundesrat, und ich verbinde mit meinem Votum noch einmal die Hoffnung, dass es möglich sein wird, dieses Werk per 1. Januar 2008 wirken zu lassen.


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