Sonntags-Zeitung,
18. Februar 2001
Lohnverdoppelung für
SBB-Chefs
SBB-Spitzenmanager
werden künftig mehr verdienen als Bundesräte - Eisenbahnergewerkschaft
läuft Sturm.
Andreas
Windlinger und Andreas Durisch
Bern -
Die sechs obersten Manager der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) können
sich freuen: Neu überweist ihnen ihr Unternehmen mehr als das Doppelte
des bisherigen Lohns auf ihre Konten.
Im laufenden Jahr werden sich die sechs Mitglieder der SBB-Geschäftsleitung
3,6 Millionen Franken teilen können. «Ich habe heute Grund zur Annahme,
dass diese Zahl nicht falsch ist», sagte Ernst Leuenberger, Solothurner
SP-Ständerat und Chef der Eisenbahnergewerkschaft SEV, gestern Abend
gegenüber der SonntagsZeitung. Leuenberger hat sich die Zahl bestätigen
lassen, nachdem sie von der «Berner Zeitung» in ihrer Samstagausgabe
genannt wurde. Von wo er die Bestätigung erhalten hat, wollte Leuenberger
nicht sagen. Bekannt ist aber, dass der SEV-Chef einen direkten Draht
zu SBB-Chef Benedikt Weibel hat. «Aschi» und «Beppo» kennen sich bereits
seit der gemeinsamen Schulzeit in Solothurn.
Das hindert Leuenberger nicht daran, gegen die Lohnerhöhung für Weibel
Sturm zu laufen. «Wenn der Chef der SBB, eines hoch subventionierten
Betriebes der Eidgenossenschaft, mehr verdient als ein Mitglied des
Bundesrates», sagt der Politiker, «so halte ich das für einen Skandal.»
Als
Begründung werden hohe Saläre in anderen Unternehmen genannt
Mit der
neuen Regelung dürfte Benedikt Weibel als Vorsitzender der SBB-Geschäftsleitung
auf ein Jahreseinkommen von gegen 700 000 Franken kommen. Das feste
Salär macht gut zwei Drittel davon aus, der Rest wird als Bonus ausgeschüttet.
Mit diesem Lohn steht Weibel deutlich besser da als die sieben Mitglieder
der Landesregierung, die pro Jahr auf nicht ganz 400 000 Franken kommen.
Möglich wurde die Anpassung der Löhne von Weibel und seiner Crew mit
dem neuen, seit Anfang Jahr geltenden Bundespersonalgesetz. Die Leitung
der SBB fällt nicht unter den Gesamtarbeitsvertrag, sondern ist nach
Obligationenrecht angestellt.
Die SBB wollen die Lohnerhöhung ihrer Manager nicht kommentieren. «Zum
Salär sagen wir prinzipiell nichts», sagt Verwaltungsratspräsident Thierry
Lalive d'Epinay gegenüber der SonntagsZeitung. Lalive hält indes fest,
es sei unumgänglich gewesen, die Löhne des Managements anzupassen. Die
SBB hätten die Löhne der Spitzenkader mit denen in rund 70 Unternehmen
in der Schweiz und in Europa vergleichen lassen. Konzernchef Benedikt
Weibel verdiente bisher «nur» gut 300 000 Franken pro Jahr. Die Untersuchung
habe einen grossen Handlungsbedarf ergeben. «Unsere obersten Saläre
sind auch mit der neuen Regelung noch immer 50 bis 70 Prozent tiefer
als bei vergleichbaren Firmen», sagt Lalive. Sicher müssen Weibel und
seine Kollegen aber nicht mehr länger hinter den Konzernchefs der zwei
anderen ehemaligen Bundes-Regiebetriebe zurückstehen. «Unsere Spitzensaläre
müssten vergleichbar sein mit denen von Post und Swisscom», erklärt
Lalive denn auch.
Gewerkschafter Leuenberger dagegen empört sich. Er sei bis am Freitag
davon ausgegangen, dass die SBB-Spitze nicht gleich wie diejenige von
Swisscom und Post handle und sich «eine gewisse Zurückhaltung» auferlege.
Dies sei aber offensichtlich eine Illusion gewesen, wie er nun erkennen
müsse.
Die
letzte Lohnrunde für das Personal nimmt sich im Vergleich schäbig aus
SBB-Präsident
Lalive wiederum betont, die Anforderungen für die Bonuszahlungen für
das SBB-Management seien gegenüber den ursprünglichen Plänen erhöht
worden. Die Bonuszahlungen an das SBB-Management sind abhängig von Sicherheit,
Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit. Ab diesem Jahr soll auch die
Mitarbeiterzufriedenheit die Höhe des Bonus beeinflussen. Die Zufriedenheit
der SBB-Mitarbeiter ist allerdings alles andere als hoch. Dies bestätigte
eine Umfrage, welche die SBB letztes Jahr zum ersten Mal bei ihrem Personal
durchführte. Die Lohnerhöhung für das Management dürfte nun noch zusätzlich
an der Motivation der SBB-Angestellten nagen und die ohnehin gespannte
Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern bei den SBB belasten.
Im Vergleich mit der Lohnrunde des Managements sei die letzte Lohnrunde
für das Personal «mehr als schäbig» gewesen, sagt Gewerkschaftschef
Leuenberger. SEV und SBB hatten sich im letzten November nach harter
Auseinandersetzung darauf geeinigt, die Lohnsumme um 2,6 Prozent zu
erhöhen. Allerdings wird mit einem Lohnprozent die seit Juni 2000 umgesetzte
39-Stunden-Woche finanziert. Ein weiteres Lohnprozent wurde den rund
27 000 SBB-Angestellten bloss als einmalige Zahlung im Dezember ausgerichtet.
Für effektive Lohnerhöhungen und Beförderungen blieben somit nur je
0,3 Lohnprozente. Ob er auch mit einem politischen Vorstoss im Ständerat
gegen die prallen Lohntüten der SBB-Manager mobil machen wird, wollte
Ernst Leuenberger gestern nicht sagen: «Ich bin kein Ankündigungsminister.»
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