Tages-Anzeiger, 19. Februar 2001

Kritik an SBB-Löhnen

Solothurn/Bern. - Die SBB wollten sich am Wochenende nicht zu Informationen der "Berner Zeitung" vom Samstag äussern, wonach für die sechs obersten Manager der SBB dieses Jahr Lohnzahlungen von 3,6 Mio. Fr. budgetiert wurden. Die Löhne der SBB für die obersten Kader unterstehen nicht dem Gesamtarbeitsvertrag und sind seit dem In-Kraft-Treten des neuen Bundespersonalgesetzes auf Anfang dieses Jahres auch nicht mehr an die Besoldungsordnung des Bundes gebunden. SBB-Sprecher Christian Kräuchi bestätigte am Sonntag lediglich Aussagen von SBB-Verwaltungsratspräsident Thierry Lalive d'Epinay in der "SonntagsZeitung", wonach es unumgänglich gewesen sei, die Löhne des Managements anzupassen. Der Präsident der Eisenbahnergewerkschaft SEV und Solothurner SP-Ständerat, Ernst Leuenberger, zeigte sich demgegenüber schockiert über die durchgesickerten Zahlen, die einer Verdoppelung der Löhne des obersten SBB-Managements gleichkämen. Nicht nur für das SBB-Personal, bei dem laut einer internen Umfrage erhebliche Unzufriedenheit herrsche und das bei den Lohnabschlüssen immer wieder zur Mässigung und zum Verständnis für Rationalisierungen angehalten werde, sondern auch für den Steuerzahler seien solche Löhne schockierend, sagte Leuenberger. "Es geht nicht an, dass in einem hoch subventionierten Betrieb, der dem Bund gehört, Topkaderlöhne bezahlt werden, die die Bundesratslöhne übertreffen", sagte der SP-Politiker und zeigte sich besorgt über den künftigen Rückhalt der Bahn beim Volk und beim Parlament. Leuenberger gab sich auch persönlich erschüttert darüber, dass Leute, die er seit 40 Jahren gut kenne, nun "so zulangen". Er spielte damit auf seinen Parteifreund und SBB-Topmanager Benedikt Weibel an. Für Leuenberger ist klar, dass die explodierenden SBB-Toplöhne zum Politikum werden. Er erinnerte an beschwichtigende Aussagen von bürgerlichen Politikern im Abstimmungskampf über das neue Bundespersonalgesetz sowie an die Arbeiten der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte, die sich seit einiger Zeit mit den Toplöhnen von Bundesangestellten befasst. (AP)

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