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Avanti Nein Komitee Kanton Solothurn
Medienkonferenz vom 14. Januar 2004
Text von
Ständerat Ernst Leuenberger
Das Zückerchen
Agglomerationsverkehr ist kein Grund, den Gegenentwurf zur Avanti-Initiative
anzunehmen!
Wir müssen an der Urne den Angriff der Strassenlobby auf die bisherige,
vernünftige Verkehrspolitik abwehren. Ich sage klar "Nein"
zum Gegenentwurf zur Avanti-Initiative, denn:
- Die
Vorlage bedeutet, Vollgas zurück in die verkehrspolitische Steinzeit
- Die
Vorlage untergräbt das vom Volk mehrmals bestätigte Verlagerungsziel
- Die
Vorlage ist keine seriöse Finanzierungsgrundlage für den
Agglomerations-öV
- Die
Vorlage ist demokratiepolitisch unredlich
- Die
Vorlage gefährdet wichtige Staatsaufgaben
- Die
Vorlage ist schädlich für Mensch und Umwelt
Das Parlament
hat den ursprünglich schwächeren "Gegenvorschlag"
des Bundesrates erweitert und einen Avanti-plus-Gegenvorschlag gezimmert.
Die Avanti-Srassenbauer konnten damit ihre Initiative getrost zurückziehen.
So entstand ein Gegenentwurf, welcher eigentlich in vier einzelnen Vorlagen
vors Volk kommen sollte. Der nun zur Abstimmung kommende Avanti-Gegenentwurf
ist so vergleichbar wie wenn mit nur einer Abstimmung über NEAT,
Alpenschutz, LSVA und FinöV abgestimmt werden müsste. Dies
wäre eine kohärente Sicht der Verkehrspolitik gewesen. Nur
wäre dies ebenso falsch wie der Gegenentwurf zur Avanti-Initiative,
weil so dem Stimmvolk keine Auswahl gelassen wird. Wer das Problem Agglomerationsverkehr
lösen möchte, muss auch zur 2. Gotthard-Strassenröhre
ja sagen. Den Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wird eine Vorlage
unterbreitet, welche demokratiepolitisch äusserst fragwürdig
ist. Ein einmaliger Vorgang in der auf Konsens ausgelegten schweizerischen
Demokratie.
Die Strassenbauer
sprechen von einer Gesamtsicht, mit welcher sie die Probleme in der
heutigen Verkehrspolitik angehen wollen. Tatsache ist, dass vor allem
Strassen und die 2. Gotthard-Strassenröhre gebaut werden sollen.
Ich lehne aber eine 2. Gotthard-Strassenröhre, einen Strassenbaufonds
und die Erweiterung der Nationalstrassenkapazität ab. Eine 2. Gotthard-Strassenröhre
hebt den Alpenschutz auf und gefährdet die NEAT-Auslastung, ein
Strassenbaufonds bewahrt den Strassenbau vor weiteren Sparrunden und
neue, sechsspurige Nationalstrassen verursachen mehr Verkehr und Stau
in den Agglomerationen.
Bleibt
der vierte Bestandteil des Bundesbeschluss zur Avanti-Initiative: Der
Agglomerationsverkehr. Rund um die Städte belastet der Verkehr
die Bevölkerung massiv. Der Agglomerationsverkehr ist zur Zeit
das akuteste Problem in der Verkehrspolitik. Von 1960-1990 stieg der
Anteil der Bevölkerung, welche in den Agglomerationen wohnt, von
50 auf 69 Prozent. Die Expertengruppe Bieri hat im Mai 2001 ihre Vorschläge
zur Lösung dieser Probleme erkannt und Lösungen präsentiert.
Die im Bundesbeschluss zur Avanti-Initiative vorgeschlagene Lösung
geht jedoch zu wenig weit. Im Abstimmungstext wird die Summe, welche
in den Agglomerationsverkehr fliessen soll, nirgends erwähnt. Mündlichen
Aussagen des Bundesrates zu folge sollen 300 bis 350 Millionen in den
Agglomerationsverkehr fliessen. Nur die Hälfte davon soll für
den öffentlichen Verkehr aufgewendet werden. Das ergibt 150 Millionen
Franken im Jahr.
In der
Schweiz gibt es über 50 Agglomerationen. All diese Zentren und
Subzentren erwarten Mittel um ihre Infrastrukturen auszubauen. Um die
notwendigen Investitionen tätigen zu können reichen die in
Aussicht gestellten 150 Millionen bei weitem nicht. In der Botschaft
an die eidgenössischen Räte rechnet der Bundesrat bis im Jahr
2020 allein für den Agglomerationsverkehr mit über 10 Milliarden
Franken. Mit der jetzt vorgeschlagenen Regelung gibt es knapp die Hälfte.
Für die einzelnen Agglomerationen bliebe zu wenig Geld übrig.
Diese Gelder werden bei weitem nicht reichen. Dieses Zückerchen
kann also kein Grund sein, um dem überladenen 30 Milliarden-Strassenbauprogramm
zuzustimmen! Es bleibt viel zu wenig für den Agglomerationsverkehr
übrig!
Trotzdem
wird der Gegenentwurf zur Avanti-Initiative in letzter Zeit als allerwelts
Mittel gepriesen. Insbesondere die Agglomerationen erhoffen sich satte
Ernten einzufahren und ihre Verkehrsprobleme würden sich - Avanti
sei dank - lösen. Das Gegenteil ist der Fall. Es werden vom Bundesrat
falsche Versprechungen gemacht. Der Bundesrat kann nicht Sachen versprechen,
über welche dann das Parlament entscheidet.
Auch der
Kanton Solothurn frohlockt und hofft, dass dank dem Gegenentwurf zur
Avanti-Initiative das Entlastungsprojekt Olten doch noch mit Bundesgeldern
finanziert werden könnte. Eine schöne Illusion. Da es der
Kanton Solothurn verpasst hat vor der Systemänderung seine grossen
Umfahrungsprojekte einzureichen und wegen den Sparmassnahmen im Mehrjahresprogramm
03-07 für Hauptstrassen (nur noch ein Projekt pro Kanton) erhält
der Kanton nun 95 Mio. Bundesgelder nicht. Aber auch mit Avanti wird
dieses Geld nicht einfach zu holen sein. Vorallem die grossen Städte
werden profitieren. Die kleinen Städte werden lange warten müssen.
Und das Agglo-Geld gibt es nur während 20 Jahren. Es ist wenig
wahrscheinlich, dass gerade Olten in den Genuss von diesem Geld kommen
wird.
Den Agglomerationen
und dem darin verkehrenden öV kann nämlich auf besserem Weg
mit mehr Mitteln geholfen werden. Von der SP liegt eine parlamentarische
Initiative vor, die zum Ziel hat, jährlich rund 500 Mio. Franken
aus dem Reinertrag der Verbrauchssteuer in die Finanzierung des öffentlichen
Agglomerationsverkehrs und des Langsamverkehrs zu investieren.
Freunde
des öffentlichen Verkehrs können diesen Gegenentwurf also
getrost ablehnen!
Ernst Leuenberger,
Ständerat und Präsident SEV
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