Solothurner Zeitung, 02.05.00

«Nur die LSVA allein reicht nicht aus»

SEV-Präsident Leuenberger zur Güter-Verlagerung auf die Schiene

«Um die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene zu bewirken, reicht die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe allein nicht aus», meint Ernst Leuenberger, Präsident der Eisenbahnergewerkschaft SEV. Auch die Bahnen «müssen gewaltige Anstrengungen unternehmen.»

Giovanni Leardini

Für Ernst Leuenberger, Präsident der Eisenbahnergewerkschaft SEV, ist die Einführung einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) eine «europäische Pionierleistung». Sie soll die «gewaltige Konzession» ausgleichen, welche die Schweiz gegenüber der EU eingegangen ist: die schrittweise Erhöhung der Gewichtslimite für Lastwagen von 28 auf 40 Tonnen. Die Tatsache, dass ein Grossteil der Einnahmen aus der LSVA in die grossen Bahninfrastruktur-Projekte fliessen werden, freut den SEV-Präsidenten natürlich besonders. Leuenberger glaubt aber nicht daran, dass die LSVA allein die erhoffte Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene bewirken kann. Zusätzlich sei einerseits nötig, dass auch Deutschland eine LSVA einführt und Leuenberger ist sicher, dass der nördliche Nachbar das auch tun wird.«Um das Verlagerungsziel zu erreichen, müssen aber auch die Bahnen riesige Anstrengungen unternehmen. Sie müssen im Güterverkehr konkurrenzfähiger werden», so Ernst Leuenberger weiter. Dazu seien «gewaltige Effizienzsteigerungen, gewaltige Investitionen und gewaltige Kostensenkungen» nötig. Für ein Unternehmen mit einem Personalkostenanteil von rund 50 Prozent habe das leider auch personalpolitische Folgen, und diese seien jetzt schon sichtbar: Abbau von rund 10 000 Stellen in zehn Jahren nur bei den SBB. Doch für den Eisenbahngewerkschafter ist klar: «Wenn die Bahnen, und speziell die Güterbahnen, eine Zukunft haben sollen, dann ist dies der einzig mögliche Weg.»

Noch Kapazitäten vorhanden
Grundsätzlich seien die Bahnen bereit, die zusätzlichen Mengen an Gütern nach der Öffnung der Grenzen zu verkraften, ist Leuenberger überzeugt. Schon heute (also vor der Fertigstellung von Neat und Bahn 2000) seien noch freie Kapazitäten vorhanden. Trotzdem werde der Güterverkehr auf der Strasse mit dem Inkrafttreten des Landverkehrsabkommens laufend zunehmen. «Es muss uns gelingen, ein einigermassen konkurrenzfähiges Angebot für die Verlagerung auf die Schiene bereitzustellen. Sonst droht unserem Land nicht nur der Verkehrskollaps, sondern wir müssen uns auch den Vorwurf gefallen lassen, unsere Verkehrspolitik sei falsch gewesen», meint der SEV-Präsident.

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