Ständerat: 04.3010 - Interpellation.
Schwerverkehrskontrollen. Ergebnisse? Weitere Massnahmen?

Eingereicht von Leuenberger Ernst
(Wortlaut der Interpellation)
Einreichungsdatum 01.03.2004
(Antwort des Bundesrates
)
(Behandelt im Ständerat am 15.06.04)


Im Rahmen des Verlagerungsgesetzes führen die Kantone seit dem 1. Januar 2001 im Auftrag des Bundes zusätzliche Schwerverkehrskontrollen durch. Die Verstösse gegen die geltenden Vorschriften scheinen nach Medienmeldungen ein erhebliches Ausmass aufzuweisen. Zudem scheint auf vielen LKW-Fahrern ein erheblicher Druck seitens der Arbeitgeber zu lasten, die Vorschriften nicht einzuhalten. Das stellt nicht nur ein erhebliches Sicherheitsrisiko auf den Strassen dar, sondern hat offensichtlich im Güterverkehr auch einen wettbewerbsverzerrenden Aspekt.

1.
Welches waren die Verstösse, welche im Rahmen der schärferen Schwerverkehrskontrollen festgestellt wurden, und wie oft kamen diese vor?
2.
Gibt es festgestellte Unterschiede im regelverletzenden Verhalten bei Fahrzeugen im schweizerischen respektive ausländischen Kontrollschildern?
3.
Gibt es Unterschiede in der Durchführung der Kontrollen in den verschiedenen Kantonen?
4.
Wie gross ist der Anteil der kontrollierten Fahrzeuge in Prozent aller Fahrzeuge im Güterverkehr?
5.
Wie gross ist die Zunahme der kontrollierten Fahrzeuge in den letzten 6 Jahren?
6.
Wie viele Ausnahmebewilligungen vom Sonntags- und Nachtfahrverbot werden erteilt? Gibt es dabei kantonale Unterschiede? Wie überwacht der Bund die Erteilung der Ausnahmebewilligungen?
7.
Welche Kontrollmöglichkeiten bezüglich der technischen Sicherheit der Fahrzeuge, des Höchstladegewichts und Ruhezeitvorschriften der Fahrer bestehen an den Landesgrenzen? Werden diese Kontrollen auch vorgenommen?
8.
Hat sich die Strategie der "dauernden Sichtbarkeit" bewährt?
9.
Funktioniert die Absprache und Kooperation unter den Kantonen?
10.
Genügen die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel, um wirkungsvoll kontrollieren zu können?
11.
Wie weit ist die Erstellung der geplanten Schwerverkehrskontrollzentren fortgeschritten? Sind die Standorte festgelegt?
12.
Sieht der Bundesrat noch andere Möglichkeiten, um die Sicherheit im Schwerverkehr zu erhöhen? Wann wird der digitale Fahrtenschreiber eingeführt? Könnte die Erhöhung der Bussen Verstösse verhindern helfen?
13.
Welche Möglichkeiten sieht der Bundesrat, die Arbeitgeber und Auftraggeber von allfällig fehlbaren Fahrern zu bestrafen, um etwas Druck von den Fahrern wegzunehmen?
14.
Unterstützt der Bundesrat die Bestrebungen der Lastwagenfahrer zur Schaffung eines Gesamtarbeitsvertrages im schweizerischen Strassen-Transportgewerbe?

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Antwort des Bundesrates 26.05.2004
Die Verbesserung der Sicherheit im Strassengüterverkehr generell und im alpen-querenden Güterverkehr insbesondere, ist dem Bundesrat ein wichtiges Anliegen. Er verfolgt dieses Ziel auf nationaler und internationaler Ebene (u.a. Verabschiedung der Charta von Verona, Teilnahme an Unterschriftszeremonie in Dublin). Der Bund sorgt im Strassenbereich zusammen mit den Kantonen durch intensivierte Schwerverkehrs-kontrollen für eine bessere Einhaltung der Verkehrsvorschriften und damit für eine erhöhte Sicherheit. Dies geschieht in einer ersten Phase durch vermehrte mobile Schwerverkehrs-kontrollen, in einer zweiten Phase durch Kontrollen in Kompetenzzentren. Seit 2001 hat das UVEK mit 22 bzw. seit 2002 mit 23 Kantonen Leistungsvereinbarungen über zusätzliche Schwerverkehrskontrollen abgeschlossen.
Ad 1- 5:
Im Rahmen der intensivierten Schwerverkehrskontrollen werden folgende Punkte überprüft:
- die Sicherheit des Fahrzeuges
- der Chauffeur, sein genereller physischer Zustand, die Fahrzeit und die Ruhezeit
- die Verkehrsregeln (die Masse und - wenn immer möglich - die Gewichte sowie die Einhaltung des Sonntags- und Nachtfahrverbotes)
- gefährliche Güter
- die Vorschriften über die LSVA
- Führerschein, Fahrzeugausweis und Kontrollschilder
Das Rapportwesen der Kantone war bis anhin sehr uneinheitlich. Es lässt keine gesicherten Angaben und Schlüsse zu. Nachdem diesbezüglich Erfahrungen gesammelt und ausgewertet wurden, schuf das Bundesamt für Strassen im Jahr 2003 gestützt darauf standardisierte, vereinheitlichte Tabellen. Diese gelangen nun im laufenden Jahr erstmals zur Anwendung. Erst diese Angaben werden eine detaillierte Auswertung mit Vergleichsmöglichkeiten der verschiedenen Angaben zulassen. Bereits heute kann jedoch - gestützt auf die Erfahrungen der Polizeikorps - festgestellt werden, dass die Schwerverkehrskontrollen die erwartete nachhaltige Wirkung haben und dazu beitragen, das angestrebte Ziel, die Steigerung der Verkehrssicherheit, zu erreichen.
Die nachfolgenden Ausführungen können nach dem Gesagten nur als nichtrepräsentative Hinweise verstanden werden: In den Jahren 2001 bis 2003 standen Übertretungen gegen die Arbeits- und Ruhezeitverordnung sowie gegen die zulässigen Gewichtslimiten im Vordergrund. Hinzu kamen aufgrund der gezielten, speziellen Kontrollen zahlreiche Beanstandungen des Fahrzeugzustandes. Die allgemeine Übertretungsquote schwankt sehr stark. Werte über 20% waren in den Kantonen Graubünden und Uri zu verzeichnen.
Ad 6:
Jährlich werden von den Kantonen ca. 15'000 Bewilligungen für Sonntags- oder Nachtfahrten ausgestellt. Diese unterteilen sich in Einzelbewilligungen für eine oder mehrere bestimmte Fahrten sowie Dauerbewilligungen (befristet auf höchstens 12 Monate) für beliebig häufige Fahrten. Wegen diesen drei Bewilligungsarten ist die Bezifferung der tatsächlich durchgeführten Sonntags- oder Nachtfahrten in absoluter Form nicht möglich.
Kantonale Unterschiede treten insoweit auf, als sich Zahl und Grösse der im jeweiligen Kanton ansässigen Transportunternehmungen regelmässig auch auf die Anzahl der von diesem Kanton ausgestellten Bewilligungen auswirken.
Die Kantone müssen nach Artikel 93 Absatz 1 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV; SR 741.11) von den Einzelbewilligungen für mehrere Fahrten und von den neu ausgestellten Dauerbewilligungen dem Bundesamt für Strassen (ASTRA) eine Kopie zustellen. Anhand der erhaltenen Kopien überprüft das ASTRA die kantonale Bewilligungspraxis stichprobenweise und interveniert in jenen (wenigen) Fällen, wo Bewilligungen nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen.
Ad 7:
An der Landesgrenze üben die Zollämter nach Artikel 136 der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV; SR 741.51) im Zusammenhang mit der Zollkontrolle von Fahrzeugen und ihren Ladungen auch eine verkehrspolizeiliche Kontrolle aus. Die Zollämter können die gleichen Massnahmen anordnen wie die kantonalen Polizeiorgane. Solche Kontrollen durch das Zollpersonal werden im Rahmen der zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen regelmässig und stichprobenweise vorgenommen. Bei der Kontrolltätigkeit wird darauf geachtet, dass möglichst viel kontrolliert wird, ohne dabei den Verkehrsfluss über die Grenze zu verlangsamen oder unnötige Staus zu produzieren. Die Kontrollen des Schwerverkehrs beziehen sich unter anderem auf Masse, Gewichte und Betriebssicherheit, nicht aber auf die Kontrolle der Arbeits- und Ruhezeit und den technischen Fahrzeugzustand (z.B. Bremsen, Lenkung), da dies zu aufwändig wäre und den Verkehrsfluss behindern würde. Bei der Feststellung von Widerhandlungen verweigern die Zollämter die Weiterfahrt oder bieten die Polizei auf.
Ad 8:
Die Wirkung der Kontrollen hängt von zahlreichen Faktoren ab. Dabei bestimmt die polizeiliche Vorgehenstaktik stark das Mass der festgestellten Übertretungsquote (Verhältnis von Übertretungen zu kontrollierten Fahrzeugen). Ein zufälliges Auswählen der zu kontrollierenden Fahrzeuge ergibt eine tiefere Übertretungsquote als ein Auswählen aufgrund von subjektiven Verdachtsmomenten. Das Optimum liegt hier in einem für die Chauffeure nicht berechenbaren Mix des taktischen Vorgehens. Dies gilt ebenso für Zeit, Ort und Umfang der Kontrollen.
Insgesamt hat deshalb ein engmaschiger und - für Chauffeure - nicht berechenbarer Kontrollmodus eine hohe präventive und nachhaltige Wirkung. In diesem Sinne bewährt sich die Strategie der "dauernden Sichtbarkeit".
Ad 9:
Absprachen und Kooperation sind namentlich wichtig, um schweizweit eine möglichst gleichwertige Kontrolle zu garantieren. Zusammen mit einer gleichwertigen Kontrolle im Bereich der vier Alpenübergänge wird so ein möglicher Ausweichverkehr verhindert. Diese Koordination funktioniert gut.
Ad 10:
Im Jahr 2001 wurden für zusätzliche kantonale Polizeileistungen 10 Millionen Franken aus dem Bundesanteil der LSVA-Einnahmen zur Verfügung gestellt, seit dem Jahr 2002 sind es jährlich 20 Millionen Franken.
Auf längere Sicht genügen die mobilen Kontrollen unterwegs den Anforderungen an eine effiziente und effektive Kontrolle des Schwerverkehrs nicht. Deshalb sind in der zweiten Phase Schwerverkehrskontrollzentren mit spezialisierten Einrichtungen und Fachleuten erforderlich. Dies hat allerdings höhere Investitions- und Betriebskosten zur Folge. Umgekehrt können mit dem Vollausbau der Zentren die mobilen Schwerverkehrskontrollen wieder reduziert werden.
Ad 11:
Gemäss dem Bericht "Konzept vom 1. April 2003 zur Intensivierung der Schwerverkehrskontrollen" des Bundesamtes für Strassen sind ein Maxi- und 12 Midi-Kontrollzentren vorgesehen. In erster Priorität (2003 - 2007) werden das Maxi- und vier Midi-Zentren erstellt, die restlichen in zweiter Priorität (ab 2008). Die Vorarbeiten für die ersten fünf Zentren in Schaffhausen, Unterrealta, St. Maurice, Sigirino und Stans oder Ripshausen sind unterschiedlich weit fortgeschritten. Das Zentrum in Realta beispielsweise ist bereits im Bau; die Inbetriebnahme ist auf Herbst 2004 vorgesehen. Schaffhausen dürfte den Betrieb im nächsten Jahr aufnehmen, die übrigen Kontrollzentren folgen in den kommenden Jahren. Bereits in Betrieb ist im Übrigen seit Februar 2003 ein kleineres Kontrollzentrum in Stans, das ergänzend zu den "fliegenden" Kontrollen wertvolle Dienste leistet, zumal täglich bis zu 100 Lastwagen und Lenker kontrolliert werden können.
Ad 12:
Im Rahmen der Entwicklung der neuen Strassen-Verkehrssicherheitspolitik hat das ASTRA Vision, Ziele und Strategie formuliert. Zurzeit ist es daran, verschiedene (ca. 100) Massnahmevorschläge, welche die Verkehrssicherheit gesamthaft erhöhen sollen, gemäss verschiedenen Kriterien zu beurteilen und zu bewerten. Darunter finden sich z.B. folgende, den Schwerverkehr betreffende Ideen:
- Sensibilisierungs- und Informationskampagnen
- obligatorische Weiterbildung für die Führerausweiskategorien C, C1, D, D1
- 0,0 Promille Alkohol für Berufschauffeure
- Verbot von Zweiwegkommunikation mit elektronischen Mitteln
- intensivierte Polizeikontrollen und auch sog. Abschnittskontrollen (Trajectory Control)
- Durchsetzen des Mindestabstandes
- akustische/optische Warnbeläge und Sicherheitsmarkierungen
- Verkehrsleitsysteme auf Autobahnen
- Überholverbote für Lastwagen auf hochbelasteten Autobahnen
- Verbesserung der Beleuchtungsvorschriften / Sichtbarkeit
- umfassender Unterfahrschutz an Lastwagen
Welche Massnahmen dem Bundesrat zur Umsetzung vorgeschlagen werden, wird im Laufe dieses Jahres entschieden.
In der EU müssen neu in Verkehr gesetzte Fahrzeuge voraussichtlich per 5. August 2005 mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgerüstet werden. In der Schweiz ist die Einführung des Geräts auf den 1. Januar 2006 vorgesehen.
Kein Hersteller hat den Termin vom 5. August 2003 für die Erlangung der EG-Bauartgenehmigung für ein Kontrollgerät (= digitaler Fahrtschreiber) eingehalten, welcher in der Verordnung 2135/98/EG festgelegt ist.
Die EU Kommission hat das im gleichen Rechtsakt festgelegte Verfahren der Mitentscheidung zwischen EU-Ministerrat und Europäischem Parlament nicht eingeleitet, um die Einführungsfrist zu verlängern. Anfang März 2004 hat sie dem Verkehrsministerrat ein Moratorium vorgeschlagen, während acht bis zwölf Monaten nach dem 5. August 2003 kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Länder einzuleiten, die den neuen Fahrtschreiber noch nicht einführen.
Dieses Moratorium entbehrt jeder Rechtsgrundlage. Der Einführungstermin 5. August 2003 besitzt auch keine Rechtsgültigkeit mehr und das Moratorium riskiert, von den Mitgliedstaaten, Lkw-Herstellern oder Transportunternehmen vor dem EuGH angefochten zu werden.
Es ist nicht auszuschliessen, dass eine Erhöhung der Bussen für spezifische Übertretungen im Bereich des Schwerverkehrs eine gewisse präventive Wirkung entfalten kann. Dabei ist zu beachten, dass eine Anhebung nur bis zur Höchstgrenze der Ordnungsbussen von 300 Franken möglich ist (Höchstgrenze gemäss Art. 1 des Ordnungsbussengesetzes vom 24. Juni 1970, OBG; SR 741.03). Eine Erhöhung darüber hinaus würde bedingen, dass entweder die Höchstgrenze für Ordnungsbussen auf gesetzlicher Ebene hinaufgesetzt wird oder gewisse Überschreitungstatbestände nicht mehr im Ordnungsbussenverfahren erledigt werden, sondern mit einer Anzeige an die Strafgerichte.
Im Zusammenhang mit der Einführung der 40-t-Limite im Jahr 2005 führt das Bundesamt für Strassen derzeit eine Anhörung durch, in der auch eine Erhöhung der Strafen für Gewichtsüberschreitungen thematisiert wird. Bisher straflose Überschreitungen bis 5% sollen - nach Abzug der weiterhin notwendigen Geräte- und Messtoleranz - mit einer Ordnungsbusse belegt werden, Überschreitungen zwischen 5 und 9% (bisher im Ordnungsbussenverfahren erledigt) sollen verzeigt und damit wesentlich strenger als heute bestraft werden.
Insgesamt ist allerdings auch zu beachten, dass Bussenerhöhungen jeweils nur eine befristete Wirkung entfalten, was anlässlich der letzten Erhöhung der Ordnungsbussen im Jahr 1996 festgestellt werden konnte.
Ad 13:
Strassentransportunternehmungen bedürfen einer Bewilligung zur Ausübung ihrer Tätigkeit. Diese wird nur an Personen erteilt, die keine schweren oder wiederholten Widerhandlungen gegen die Sozial-, Sicherheits- sowie die Bau und Ausrüstungs-vorschriften begangen haben. (Art. 9 und 10 des Bundesgesetzes vom 18. Juni 1993 über die Personenbeförderung und die Zulassung als Strassentransportunternehmung, Personenbeförderungsgesetz, PBG; SR 744.10). Widerhandlungen, die durch angestellte Chauffeure begangen werden, können indes nur selten dem Unternehmer angelastet werden, weil der Nachweis erbracht werden muss, dass er eine Widerhandlung des Motorfahrzeugsführers veranlasst oder nicht nach seinen Möglichkeiten verhindert hat (Art. 100 Ziff. 2 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958, SVG; SR 741.01). Der Hauptgrund liegt darin, dass Angestellte aus Angst vor Verlust ihres Arbeitsplatzes vor einem Einbezug ihres Arbeitgebers zurückschrecken. Eine über die heutigen Möglichkeiten hinaus gehende strafrechtliche Sanktionierung von Unternehmen hat das Parlament im Rahmen der kürzlich durchgeführten Revision des Allgemeinen Teils des StGB zwar geprüft, aber nur für besonders schwere Widerhandlungen im Zusammenhang mit Geldwäscherei, Terrorismus und Korruption unterstützt.
Zu prüfen wäre deshalb die Verankerung einer von der strafrechtlichen Sanktionierung unabhängigen Administrativmassnahme im Personenbeförderungsgesetz, wie es bereits das Luftfahrtgesetz kennt. Demnach könnten Widerhandlungen des Fahrpersonals der Unternehmung insofern direkt zugerechnet werden, als ihr die Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit als Transportunternehmung befristet oder unbefristet entzogen werden könnte. Entsprechend dem Territorialitätsprinzip könnte Inhabern einer ausländischen Bewilligung diese allerdings nicht entzogen werden. Es müssten deshalb Wege gefunden werden, um auch ausländischen Transportunternehmungen administrative Sanktionen aufzuerlegen.
Ad 14:
Der Bundesrat begrüsst es grundsätzlich, wenn die Arbeitgeber oder deren Verbände und die Arbeitnehmerverbände auf nationaler Ebene gemeisam die Schaffung eines Gesamtarbeitsvertrages im Strassentransportgewerbe anstreben. Darüber hinaus erachtet er es in einem zweiten Schritt als erstrebenswert, wenn die Arbeitsbedingungen international harmonisiert werden könnten. Diese Harmonisierung ist für die Schweiz wichtig, weil nur so eine europäisch koordinierte Verkehrs- und Sicherheitspolitik möglich ist. Ohne Abstimmung mit den europäischen Partnern kommt es zu Wettbewerbs-verzerrungen, Umwegverkehr und anderen Nachteilen, welche den Zielsetzungen der Schweizer Verkehrs- und Verlagerungspolitik zuwiderlaufen. Der Bundesrat ist deshalb der Meinung, dass die Arbeitsbedingungen im Transportgewerbe auf internationaler Ebene diskutiert werden sollten. Ein geeignetes Forum dafür würde sich nach Ansicht des Bundesrates im Rahmen der Nachfolgearbeiten zur Verkehrsministerkonferenz vom 30. November 2001 (Suivi de Zurich) bieten.

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Ernst Leuenberger (S, SO): Vielleicht ist es nicht unwichtig, dass ich meine Motive, diese Interpellation einzureichen, hier auf den Tisch lege.
Es gibt zunehmend Vertreter aus Kreisen des schweizerischen Strassentransportgewerbes, die sich an mich wenden - obschon ich nicht gerade ihr erster Repräsentant bin -, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich seitens ausländischer Strassentransporteure einem enormen Druck ausgesetzt sehen. Sie äussern offen die Vermutung, dass sie einer Konkurrenz seitens ausländischer Strassentransportunternehmungen ausgesetzt seien, die sich der Mittel des Sozial- und Sicherheitsdumpings bedient. In diesem Zusammenhang fällt mir dann jeweils ein, dass wir seinerzeit im Zusammenhang mit der Verlagerungspolitik in Artikel 53a Absatz 3 des Strassenverkehrsgesetzes geschrieben haben: "Die Kantone nehmen dem Ziel des Verkehrsverlagerungsgesetzes vom 8. Oktober 1999 und der erhöhten Gefährdung angepasste Schwerverkehrskontrollen auf der Strasse vor." Zu diesem Behuf, um diese Kontrollen durchzuführen, sind den Kantonen seit dem Jahr 2001 in einem Sonderkredit zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt worden.
Die Fragen 1 bis 5 zielten eigentlich darauf ab, in Erfahrung zu bringen, was denn diese in ihrer Zahl erhöhten, verstärkten Schwerverkehrskontrollen auf der Strasse an Resultaten ergeben hätten. Ich muss Ihnen gestehen, dass die Antwort, positiv gesprochen, sehr summarisch ausgefallen ist; negativ gesprochen: schlicht und einfach ungenügend! Man teilt mir mit, das Rapportwesen der Kantone sei bisher sehr uneinheitlich gewesen und man könne nur allgemeine Vermutungen anstellen, aber keine handfesten Resultate produzieren. Ich finde das sehr, sehr enttäuschend. Wenn man schon damals in den Jahren 2001 und 2002 Leistungsvereinbarungen mit den Kantonen abgeschlossen hat, nehme ich an, dass man bei diesen Leistungsvereinbarungen - das soll ja ein modernes Verwaltungsführungsinstrument sein - auch tatsächlich Kontrollmechanismen eingebaut hat, die ein ordentliches Rapportwesen auch an das Parlament, das immerhin noch die Budgethoheit hat und das der Gesetzgeber ist, ermöglichen sollte.
Der Bundesrat antwortete am 26. Mai, er könne im Wesentlichen nicht antworten. Ich schlage, wie wir das so zu tun pflegen, am 1. Juni eine Zeitung auf, ein hier in Bern erscheinendes Weltblatt, und da ist eigenartigerweise ein Bericht über das Parlament des Kantons Tessin drin, wo man über genau die gleiche Frage debattiert hat. Offenbar hat die Tessiner Regierung viel präzisere Angaben. Ich lese in dieser Zeitung vom 1. Juni - ich habe keine andere Quelle zur Verfügung, sintemal die Verwaltung mir da keine Unterlagen liefern können will - zu meiner Grundfrage bezüglich der ausländischen Dumping-Konkurrenz: Auf Tessiner Boden werde der grösste Teil der Verfehlungen dieser Art - nämlich Übertretungen von Lastwagenfahrern - von Chauffeuren ausländischer Firmen begangen, schreibe die Tessiner Regierung. Das möchte ich verifizieren respektive falsifizieren. Es wird dann weiter erwähnt, es seien elektronische Zusatzgeräte installiert worden, die den Fahrtenschreiber beeinflussen, damit die am Steuer verbrachte Zeit und die Geschwindigkeit falsch aufgezeichnet würden. Dieser Praxis könne man praktisch nicht Herr werden, wenn man nicht sehr aufwendige Kontrollen vornehme. Die Tessiner Regierung antwortet dann auch auf die Frage zur Anzahl der kontrollierten Fahrzeuge, eine Frage, die mich gesamtschweizerisch sehr interessiert. Es wird nämlich gesagt, von den 1,6 Millionen Fahrzeugen, die den Kanton im Jahr 2003 durchquert hätten, seien 10 849 kontrolliert worden. Das sind etwa 0,6 Prozent, eine Quote, die in dieser Tessiner Debatte als unbefriedigend erachtet worden ist.
Für mich heisst das im Klartext, dass ich grosse Hoffnungen darauf setze - um dem Ganzen eine positive Wende zu geben -, dass inskünftig die Verwaltung von den Kantonen präzisere Berichte erhält und der Bundesrat dann in der Lage sein wird, auf die Interpellation, die ich etwa in zwei Jahren wieder einreichen werde, diese Fragen präzise zu beantworten. Sollte es sich erweisen, dass mein Grundverdacht richtig ist, der von schweizerischen Strassentransportunternehmen geäussert worden ist, es gebe so etwas wie ausländische Sozial- und Sicherheitsdumping-Konkurrenz, könnten wir dann gemeinsam überlegen, mit welchen Methoden da Abhilfe geschaffen werden kann.
Ein Detail aus der bundesrätlichen Antwort muss ich gleichwohl noch aufgreifen und nachfragen:
Zur Antwort auf Frage 7: Man legt mir hier dar, was man an der Grenze kontrollieren kann und was man an der Grenze nicht kontrollieren kann. "Die Kontrollen des Schwerverkehrs beziehen sich u. a. auf Masse, Gewichte und Betriebssicherheit" - und jetzt kommt's! -, "nicht aber auf die Kontrolle der Arbeits- und Ruhezeit und den technischen Fahrzeugzustand (z. B. Bremsen, Lenkung), da dies zu aufwendig wäre und den Verkehrsfluss behindern würde." Da muss ich Ihnen offen gestehen, da würde ich den Bundesrat einladen, diese Praxis zu ändern. Es ist sehr wohl sinnvoll, an der Grenze, wo man die Fahrzeuge stehen hat und sich mit den Fahrern auseinander setzen muss, just auch die Arbeits- und Ruhezeit zu kontrollieren und übermüdete Lastwagenfahrer gar nicht in die Schweiz einfahren zu lassen. Das scheint mir eigentlich nahe liegend zu sein. Und den technischen Fahrzeugzustand - das hat mit dem Vorwurf des Sicherheitsdumping zu tun - dürfte man durchaus auch an der Grenze kontrollieren. Da habe ich Mühe mit der bundesrätlichen Antwort und möchte den Bundesrat einladen, diese Praxis zu ändern.
Ich will nicht gerade sagen, wir sehen uns bei Philippi wieder, aber Sie werden Verständnis haben, Herr Bundesrat, dass etwa in zwei Jahren ich meine Fragen noch einmal stellen muss, weil diese Zahlen, die die Kantone Ihnen dann geliefert haben werden, uns in diesem Lande brennend interessieren, nicht nur unter dem Aspekt der Verlagerungspolitik, sondern auch unter dem Aspekt der Verteidigung schweizerischer Arbeitsplätze im Strassentransportgewerbe.

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Leuenberger Moritz, Bundesrat: Das Anliegen ist ja mehr als berechtigt, und wir verfolgen es eigentlich auf zwei Gleisen: einerseits auf der internationalen Ebene und andererseits im Verhältnis intern mit den Kantonen.
Auf internationaler Ebene ist es deswegen sehr wichtig, damit endlich Harmonisierungen bezüglich Ruhezeiten, aber auch bezüglich Lohn, bezüglich Fahrzeiten, auch bezüglich Ausstattung der Fahrzeuge usw. umgesetzt werden. Dazu haben in letzter Zeit Zusammenkünfte mit den europäischen Verkehrsministern in Verona und in Dublin, aber auch in Zürich stattgefunden. - Sie wissen vielleicht, dass die Schweiz nach dem Unfall im Gotthardtunnel die Initiative ergriffen hat, die Sicherheit auf den Strassen in Bezug auf die Lastwagen zu optimieren.
Sämtliche eingeladenen Verkehrsminister sowie auch die Vertreter der Europäischen Kommission sind bei diesen Zusammenkünften erschienen, und hier sind wir tatsächlich daran, internationale Harmonisierungen durchsetzen zu können. Das ist nicht ganz leicht, wenn man es "von ausserhalb der EU" machen muss. Zwar sind wir mitten in Europa - der Transit geht durch unser Land -, aber wir sind nicht Mitglied der Europäischen Union und sind also nicht etwa regelmässig an den Konferenzen der europäischen Verkehrsminister zugegen. Das dann also gewissermassen von aussen aufbrechen zu müssen, ist relativ schwierig. Aber wir arbeiten hier sehr intensiv.
Das andere ist die Umsetzung im Innern des Landes. Da haben Sie die Leistungsvereinbarungen mit den Kantonen genannt. Leistungsvereinbarungen heissen sie, weil wir den Kantonen das notwendige Geld geben. Sie haben Recht: Dazu müssen wir dann natürlich auch die notwendigen Zahlen, Ergebnisse und Garantien in Bezug auf das haben, was die Kantone machen. Beachten Sie aber auch, dass das Ganze im Aufbau ist. So ein Kontrollzentrum ist eine riesige Geschichte: Das ist nicht wie eine flottante Polizeikontrolle, die auf einer Nebenstrasse schaut, ob die Pneus genügend Profil haben, sondern da braucht es sehr komplizierte Wagen, Doppelwagen zum Teil, hoch technische Sachen, und es braucht Ausfahrten, damit der Verkehrsfluss auf der Autobahn nicht behindert wird. Diese Anlagen werden von den Kantonen gebaut. Zum grossen Teil stehen sie noch nicht, aber auch dieses Jahr wird in Realta wieder eine eingeweiht. Es wird eine Maxi-Anlage eingeweiht, und auch einige kleinere Anlagen werden eingeweiht. Das Ganze ist also im Aufbau begriffen, und Sie haben das Recht, hier schon viel früher als erst in zwei Jahren wieder nachzufragen. Es ist richtig, dass das Rapportwesen der Kantone wahrscheinlich verbesserungswürdig ist.
Was die Kontrolle an der Grenze selber angeht, so sind es dann eben nicht die Polizeikorps, die diese machen, sondern die Zöllner. Schon für die wenigen Kontrollen, die sie - neben ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich der Warenkontrolle - jetzt machen, mussten sie umgeschult werden. Wenn sie jetzt also auch noch die Ruhezeiten, die Tachoscheiben und was weiss ich alles kontrollieren müssen, braucht es weitere Umschulungen. Im Prinzip haben Sie natürlich Recht: Wenn ein Fahrzeug an der Grenze schon stillstehen muss, dann könnte man den Halt auch gleich noch für diese Kontrollen benützen. Aber auch da kommen technische Einwände. Steter Tropfen höhlt den Stein - ich bin froh, dass Sie das heute wieder gesagt haben.

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